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Wunder werden nicht erwartet

Ein fast Passionsspiel

Text: Heidus der Germane

Diese Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten zu lebenden oder historischen Personen sowie zu aktuellen oder vergangenen Begebenheiten sind rein zufällig beabsichtigt

Personen:
Jesus-Darsteller Jesse Zimmerer
A von der Institution
B von der Institution
C von der Institution
Frau Meier
Herr Vogel
Kantor
Bürgermeister Wieselt
Pfarrer
Zuhälter
1. Hure
2. Hure
Reporter
1. Typ
2. Typ
Finanzberater (Fiba)

1. Bild

A: Meine Herren, lassen sie mich nochmals zusammenfassen. Langfristig ist der Bestand unserer Institution gefährdet. Zunehmende Austritte, Todesfälle und fehlender Nachwuchs erschweren unsere Arbeit. Sinkende Einnahmen gefährden zudem unsere finanzielle Sicherheit. Wir haben in Europa ein Problem.

B: Wie ich ihren Aussagen entnehmen kann, müssen wir also neue Wege beschreiten!

A: Richtig. Schauen wir doch einmal in die Wirtschaft. Ohne entsprechenden Aufwand läßt sich heute kein Produkt mehr erfolgreich verkaufen. Wenn der Vergleich gestattet sei.

C: Soll das heißen, wir sollen Werbung machen?

A: Ja, Wenn es uns in der jetzigen Größenordnung als Institution morgen noch geben soll, müssen wir eine Werbeaktion starten.

C: Stellt uns das aber nicht auf eine Stufe mit jedem X-beliebigen Verein?

A: Keinesfalls. Schließlich geht es bei uns ja um das alleinige Heil der gesamten Menschheit. Wir benötigen darüber hinaus Präsenz in den Medien, TV, Radio, Presse, Internet.

C: TV? TV! Dort haben wir doch das Wort zum Sonntag.

B: Das gibt es noch?

C: Vielleicht sollten wir es ein wenig vorsichtig modernisieren?

A: Das allein dürfte nicht genügen. Wir benötigen eine Aktion, die wie eine Bombe einschlägt.

C: Vielleicht so etwas wie eine Leitfigur, ein Maskottchen oder etwas ähnliches.

A: Viel zu harmlos.

B: Und an was hatten sie gedacht?

A: Eigentlich kann es da nur eine Entscheidung geben. Lassen wir den Erretter erscheinen.

C: Ich darf doch bitten?

A: Nein, Nur wen wir auf das Alleinseeligmachende hinweisen, können unsere Bemühungen von Erfolg gekrönt sein.

B: Aber jeder hat doch eigene Vorstellungen von ihm. Wie wollen wir allen gerecht werden. Und wer vor allem soll ihn spielen.

C: Wie wäre es, wenn wir Arnold Schwarzenegger dafür gewinnen könnten?

B: Den auf keinen Fall, lieber di Caprio. Oder Kai Pflaume.

A: Meine Herren, kein bekannter Star, da kommen wir mit unserem Etat nicht hin. Ich dachte eher, an jemand völlig unbekanntes, einen Nobody.

B: Ok, aber wo finden wir jemanden, der unseren Vorstellungen entspricht?

(es klopft, ein junger Mann tritt ein)

Jesse: Guten Tag!

C: Guten Tag! Was wollen sie bitte?

B: Wie kommen sie überhaupt hier rein. Fräulein Müller, Fräulein Müller!

Jesse: Draußen ist niemand und die Türen waren offen.

B: Tut uns leid. Aber wir sind gerade in einer wichtigen Sitzung, kommen sie bitte ein andermal wieder.

A: Nein, bleiben sie. Sagen sie, suchen sie vielleicht Arbeit?

Jesse: Ja.

A: Das trifft sich wunderbar. Sehen sie junger Freund, wir sind gerade auf der Suche nach einem Hauptdarsteller für eine Reihe von Werbespots. Und wenn ich sie so betrachte, entsprechen sie da völlig meinen Vorstellungen.

C: Das ist doch nicht ihr Ernst. Schon allein die Haare, und seine Kleidung!

A: Könnten sie sich vorstellen, vor einer Kamera zu stehen, auf Titelseiten von Illustrierten, Interviews zu geben.

Jesse: Wenn es nötig sein sollte.

A: Hervorragend! Meine Herren, darf ich ihnen den „Erretter“ vorstellen.

C: Wir sollten erst prüfen, ob er dafür überhaupt geeignet ist.

A: Nicht nötig, denn das ist doch wohl klar: Wunder werden nicht erwartet.

B: Dürfte ich vielleicht erst mal etwas zu ihrer Person erfahren? Was für ein Landsmann sind sie und wie ist ihr Name.

Jesse: Meine Heimat ist überall, von Beruf bin ich Zimmermann und mein Name ist Jesse, Jesse Zimmerer.

A: Zimmermann! Wenn das kein Wink des Himmels ist.

C: Welcher Konfession gehören sie an. Und wie steht es mit ihrer Schriftkenntnis.

A: Das können wir später immer noch klären.

C: Was die Schrift betrifft muß ich auf Genauigkeit pochen. Hier! (bückt sich und zieht unter einen Tischbein eine Bibel hervor) Schließlich ist darauf alles aufgebaut.



2. Bild

Meier: Ach, schönen Guten Abend, Herr Vogel. Schön, Sie wieder einmal zu sehen.

Vogel: Guten Abend, Frau Meier, die Freude ist ganz meinerseits.

Meier: Ich wollte gerade zum Kantor wegen nächster Woche, der Festgottesdienst, verstehen Sie?

Vogel: Ja, ja, auch ich möchte gern etwas mit ihm besprechen wegen nächster Woche. Wir proben ja aneinem völlig neuen Stück, ach was sage ich ... Wir proben gerade die dritte Variation zu "Der Mond ist aufgegangen" von Johann Cornelius Klobobius. Geistliche Chormusik des 16. und 17. Jahrhunderts, einfach toll! Und ich finde, eine künstlerisch wertvolle Aufführung von geistlicher Chormusik des 16. und 17.Jahrhunderts wird den Kritikern sehr gefallen. Gerade Klobobius...

Meier: Wir sind ja nächste Woche auch dabei mit unseren Posaunen und Trompeten.

Vogel: Ja, ja, das viele Proben. Mein Hals macht da gar nicht mehr richtig mit. (wickelt ein Bonbon aus und lutscht)

Kantor: (kommt hinzu) Sie wollen uns doch nicht etwa im Stich lassen! Wir brauchen Ihre kräftige Stimme.

Meier: Das macht doch nichts, da blasen wir eben dafür etwas lauter!

Vogel: Guten Abend, Herr Kantor. Ich habe Sie gar nicht kommen hören.

Wieselt: (kommt) Ist hier eine Versammlung, habe ich da was verpaßt?

Pfarrer: A, Bürgermeister Wieselt, gut das Sie hier sind. Da kann ich ihnen gleich die Protokollniederschrift von unserer letzten Tagung geben. Also, abgehakt hatten wir die Frage des Orgelbaus. Das war Punkt 1 unserer Tagesordnung ...

Kantor: Ja, unsere schöne Orgel mit ihrem silbernen Klang ...

Vogel: Wie war denn eigentlich das Konzert am letzten Sonnabend. Ich konnte leider nicht anwesend sein, leider.

Kantor: Wieder ein voller Erfolg. Über 300 Besucher waren gekommen. So voll ist unsere Bethalle halt wirklich nur bei Konzerten.

Meier: Ich sage es doch immer wieder, wenn wir unsere Institutionsmusik nicht hätten.

Vogel: Da wird jeder Pfarrer neidisch.

Pfarrer: Wenn sie schon mal alle hier sind, möchte ich ihnen gleich einmal das neueste mitteilen. Unsere Gemeinde ist ausgewählt worden, um die von der obersten Institution schon lange angekündigte Aktion mit Jesse Zimmerer zu starten.

Meier: Was, Wie Bitte.

Vogel: Hier, bei uns?

Pfarrer: Ich habe soeben ein Schreiben bekommen. Darin ist alles erläutert. Jesse Zimmerer wird uns besuchen. Wir sollten uns einmal zusammen setzen und alles vorbereiten. Dem Schreiben lag übrigens ein Text bei, den wir vervielfältigen sollten und im Ort verteilen

Wieselt: Darf den Text einmal sehen.

Pfarrer: Sicher. (gibt Wieselt das Schreiben) Es handelt sich hierbei eine Einladung für die angekündigte Aktion, welche unsere Institution wieder attraktiv machen soll.

Wieselt: ("studiert" den Brief) Die Art, in der dieser Brief geschrieben ist, widerspricht völlig dem Stil der Heiligen Schrift. Gerade wenn man die kräftige Sprache unserer Heiligen Übersetzung bedenkt.

Pfarrer: Wenn ich Sie mal in Bezug auf die Heiligen Übersetzung und die Heilige Schrift korrigieren darf ...

Wieselt: Was ich damit sagen will: Wenn wir schon solch neue Methoden anwenden müssen, dann doch bitte im althergebrachten, traditionellen Stil. Wann soll denn die Aktion in unserer Gemeinde stattfinden?

Pfarrer: Nächsten Mittwoch.

Meier: (nachdenklich) Ich finde, das ist sehr knapp.

Vogel: Knapp? Das ist eine Katastrophe! Bis Mittwoch sind es nur noch vier Tage. Und was alles vorbereitet werden muß, wenn dieser Typ mit seiner Aktion kommt! Er hätte sich wirklich etwas eher anmelden können.

Meier: Der Mütter und Großmütterkreis könnte eine richtige schöne Kaffeetafel im Vorraum aufbauen. Ich glaube, ein kleiner Kaffeeplausch...

Vogel: Der wird sich gerade mit euch Tratschweibern an einen Tisch setzen...

Meier: Mit Zöllnern und Pharisäern, warum nicht auch mal mit uns...

Wieselt: Und dieser Jesse soll den Erretter darstellen. Wieso kommt er dann schon ausgerechnet am nächsten Mittwoch? Da ist doch überhaupt noch nicht der 24. Dezember! (Lacht, während die umstehenden verdutzt schauen und dann zögernd einstimmen) Als Bürgermeister würde ich diesen „Jesse“ natürlich gern zu einer Festsitzung der Stadtverordneten im großen Ratssaal begrüßen. Ich meine, die Presse wird doch sicherlich auch da sein.

Kantor: Vielleicht sogar das Fernsehen. Und es sind doch bald wieder Wahlen.

Vogel: Ist dieser Darsteller überhaupt ein Theologe?

Pfarrer: Nein. Laie.

Kantor: Ein Laie? Oh, da kommen mir aber bedenken.

Er wird doch nicht etwa predigen wollen?

Pfarrer: Doch, das gehört zum Programm. Auch die Liedauswahl ist bereits getroffen.

Kantor: (entrüstet) Wie bitte? Ohne mich?

Vogel: Das könnte aber peinlich für uns werden. Unter diesen Umstand muß ich diese Aktion ablehnen. Herr Bürgermeister, bedenken sie, das könnte auch für sie politischen Schaden bedeuten. Sie kennen doch die Presse, wer weiß was die dann wieder schreiben.

Wieselt: So gesehen, bin ich auch gegen den Mißbrauch unserer Gemeinden für Werbezwecke. Wir können uns doch von einem Laien nicht vielleicht noch Vorschriften machen lassen.

Kantor: Schließlich haben wir doch unseren Glauben. Da brauchen wir uns wirklich nichts erzählen lassen. Aber wir sollten das Gespräch woanders fortsetzen.

Pfarrer: Was würde Jesus sagen, wenn er euch so reden hört? (Alle ab)



3. Bild

Zuhälter: (kassiert seine Damen ab) Bitte etwas mehr Fleiß meine Süßen. Ihr habt schon mehr gebracht.

1. Hure: Ich habe keinen Stoff mehr. Laß mir etwas übrig.

Zuhälter: Sieh zu, wie du hinkommst, schaff mehr ran. Dann bleibt dir auch was übrig. Ich muß schließlich standesgemäß leben.

2. Hure: Ja, auf unsere Kosten.

Zuhälter: Höre ich da etwa Widerspruch? Denk an Rosi, da weiß bis heute keiner, wo sie abgeblieben ist. Es täte mir wirklich Leid. Wir hatten doch so eine schöne Zeit miteinander.

2. Hure: Da kannte ich dich noch nicht richtig. Du hälst uns zu kurz, wir sind auch Menschen. Ihr Ex prügelt sie, wenn sie keinen Stoff mitbringt.



Zuhälter: Was geht mich fremdes Elend an. Und was das Thema Mensch betrifft: Ein solcher kann über sich selbst bestimmen. Was euch betrifft, da bestimme ich. Außerdem, wenn ihr Geld braucht, dort kommt Kundschaft. (ab)

1. Hure: Scheiß Kerl. Verdammter Lude.

2. Hure: Komm, was bleibt uns übrig.

(Reporter kommt, beide gehen zu ihm)

1. Hure: Hallo Kleiner, wie wäre es mit uns beiden.

2. Hure: Oder ein flotter Dreier. Wir machen alles.

Reporter: Nett von euch. Ich würde euch gern ein paar Fragen stellen.

2. Hure: Verdammt, ein Bulle.

Reporter: Nicht doch. Ich bin von der Blind - Zeitung. Ich will eine Reportage schreiben. Über das wahre Leben auf dem Strich.

1. Hure: Wir wissen nichts, wir sehen nichts, wir sagen nichts.

2. Hure: Keine Zeit zum Quatschen.

Reporter: Ist auch nicht umsonst.

1. Hure: Ok, erst die Knete, dann die Fragen.

(Jesse kommt und wird von zwei herumlungernden Typen angehalten)

1. Typ: He, haste mal Feuer!

Jesse: Tut mir Leid, ich bin Nichtraucher.

2. Typ: Na so was, dann wirst du uns wohl dein Portmanie geben müssen.

Jesse: Ich weiß zwar nicht was das mit Feuer zu tun hat, aber bitte. Hier.

2. Typ: Das ist ja leer. Wo hast du deine Mäuse.

1. Typ: Man, willst du uns verarschen. Geld her, das ist ein Überfall.

( sie packen ihn und schütteln und durchsuchen Jesse)

Reporter: (bemerkt den Überfall) Man, was ist denn dort los. Geil. (fotografiert) Das wird eine Story.

2. Hure: Der arme Kerl.

1. Hure: Ausgerechnet den beiden muß er in die Hände fallen.

Reporter: Kennt ihr die Schläger?

1. Hure: Freilich. Die miesesten Typen der ganzen Gegend.

Reporter: Und wer ist das Opfer.

1. Hure: Den kenne ich nicht. Der ist nicht aus unserer Gegend.

2. Hure: Stimmt, wir kennen hier sonst alle. Aber der sieht aus wie der von der Werbung. Dort, das Plakat, das ist er.

Reporter: Mein Gott, Jesse Zimmerer, der Erretter-Darsteller. Das ist eine Story. (geht hin) Meine Herren, wissen sie, wen sie gerade überfallen haben.

1. Typ: Verpiß dich.

Reporter: Ich bin von der Presse. Das ist Jesse Zimmerer, der Erretter.

(Schläger lassen ab)

Reporter: (zu allen) Darf ich ihnen ein paar Fragen stellen. Herr Zimmerer: warum haben sie sich nicht gewehrt?

Jesse: Wozu. Wenn dich einer auf deine linke Wange schlägt, dann halte ihm auch die rechte hin. Ich bin Pazifist.

Reporter: Aha! Und was hat sie zu dem Überfall verleitet?

2. Typ: Was geht Dich das an.

1. Typ: Wir brauchten gerade Feuer.

Reporter: Und deshalb gleich eine Gewalttat?

1. Typ: Wenn du etwas brauchst, nehme es dir. So lautet das Gesetz der Strasse.

2. Typ: Uns ist jeder man Feind.

Reporter: Herr Zimmerer, was sagen sie zu dieser barbarischen Feindseeligkeit?

Jesse: Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch schaden.

Reporter: Werden sie Anzeige bei der Polizei erstatten um diese Gewalttäter ihrer gerechten Strafe zu zuführen?

Jesse: Weshalb? Heißt es nicht, verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet. Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

Reporter: Das klingt als möchten sie diese Leute schützen, ihnen eine Hilfe geben? Was werden sie jetzt tun?

Jesse: Ich lade euch alle zu einer Riesenfete ein. Kommt mit mir. Kehret um und freuet euch, auch wenn ihr arm seid und euch alle verachten. Gott wird euren Hunger stillen. Freut euch, wenn ihr traurig seid, bei Gott werdet ihr lachen.

2. Typ: Hä? Du lädst uns ein?

1. Hure: Warum ausgerechnet uns.

Jesse: Ihr habt Hunger nach Leben und dürstet nach Liebe. Und Gott will alle eure Süchte stillen.

Reporter: Können sie das etwas konkretisieren. Was ist das für eine Einladung. Und warum sprechen sie die ausrechnet hier aus. Wer ist sonst noch eingeladen?

Jesse: Viele sind eingeladen worden. Doch je näher das Fest rückt, um so mehr Ausreden werden erfunden um nicht kommen zu müssen. Soll nun alles vorbereitete weggeworfen werden. Nein. Darum sind nun alle die geladen, welche von den zuerst Geladenen verachtet werden.

Reporter: Gehe ich recht in der Annahme, die zuerst Geladenen waren die sogenannten anständigen Leute, die selbsternannte bessere Gesellschaft. Wollen sie denen noch etwas sagen?

Jesse: Ja. Ich möchte da einen gewissen Lukas zitieren: Wehe euch Reichen! Ihr habt nichts mehr zu erwarten. Wehe euch, die ihr satt seid! Ihr werdet hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lacht! Ihr werdet weinen und klagen. ( Lukas 6; 24-25)

2. Hure: Ist es dort bei der Fete auch etwas warm?

Jesse: Heiß!

2. Hure: Dann sollten wir losgehen. Mich fröstelt es ein wenig.

1. Typ: Ja los, gehen wir. (alle ab)



4. Bild

B: So kann das nicht weitergehen. Dieser Jesse stellt immer mehr eine Gefahr dar.

A: Warum so pessimistisch. Erfolg hat er, das steht außer Zweifel.

B: Sicher. Aber nicht so wie wir es erwartet hatten. Ständig erhalte ich Anrufe und Post. Oft von angesehenen Personen. Dem Inhalt nach in etwa so: Beenden sie sofort die Werbekampagne und mäßigen sie diesen Jesse Zimmerer. Wir sind seit Jahren treue Institutionssteuerzahler und haben es nicht nötig, uns von diesem Kerl Vorschriften machen zu lassen. Unternehmen sie etwas oder wir treten aus.

A: Ist es wirklich so schlimm?

C: Schlimmer noch. Er zerstört unser Ansehen. Haben sie sich einmal seinen Freundeskreis angesehen? Lauter Junkies, Hippies und Terroristen. Wir müssen uns sofort vom ihm Distanzieren.

B: Sogar der Blasphemievorwurf ist schon gekommen. Sie haben uns das eingebrockt. Wer löffelt nun die Suppe aus?

A: So einfach kündigen können wir ihm nicht. Vertrag ist Vertrag. Und er hat seinen Teil bis jetzt auch gehalten.

C: Das mag sein. Doch gemessen an den von uns gewünschten Ergebnissen könnte man auch sagen, er hat die Zielgruppe verfehlt.

B: Es muß doch eine Klausel geben, wo wir ihn los werden können. Unlauterer Lebenswandel oder so etwas.

A: Nur Verstöße gegen die staatsbürgerlichen Pflichten oder kriminelle Handlungen würden uns eine Kündigung erlauben. Ohne das wir das Gesicht verlieren.

C: Gut, das könnte funktionieren. Raserei ist doch auch schon ein Vergehen. Und wer von uns ist denn noch nie zu schnell gefahren. Eilig hat man es doch immer.

A: Er hat kein Auto! Neulich kam er auf einem klapprigen Drahtesel zur Veranstaltung. Und ein Verbrechen können wir ihm nicht einfach unterschieben. „Du sollst kein falsch Zeugnis reden.“

B: Dann muß er eben eins begehen. Ein harmloses zwar, aber für uns ausreichend.

C: Ich habs. Ja, das müßte gehen.

B: Dürften wir es erfahren.

C: Ich sage nur soviel. Ich kenne da einen Fachmann für schwarze Kassen.

B: Ja, das ich da nicht selbst draufgekommen bin. Steuern. Das macht ja nun wirklich fast jeder. Schreiten wir zur Tat. (alle ab)



5. Bild

Fiba: Guten Tag, Herr Zimmerer!

Jesse: Guten Tag!

Fiba: Ich freue mich, das sie Zeit gefunden haben mich zu empfangen. Unsere gemeinsamen Freunde haben mich ihnen ja sicher angekündigt.

Jesse: Die Herren sprachen darüber.

Fiba: Gut, dann können wir ja gleich zur Sache kommen. Ich vertrete eine renommierte Gesellschaft. Unser uneigennütziges Anliegen ist es, ihnen zu helfen, mehr aus ihrem sauer verdienten Geld zu machen. Keiner von uns hat etwas zu verschenken.

Jesse: So arm bin ich aber nicht dran.

Fiba: Bevor ich ihnen einige Vorschläge betreffs Geldanlage etc. mache, sollten wir erst einmal prüfen, wo wir entscheidend Geld einsparen könnten.

Jesse: Ich verstehe nicht ganz.

Fiba: Ich sage nur Steuern. Das grenzt doch stellenweise schon an Wegelagerei. Seit der Ökosteuer kann man das ja fast wörtlich nehmen. Überall greift einem Vater Staat in die Taschen. Aber seien sie versichert, mit unserer Hilfe können sie das schlimmste verhindern.

Jesse: Was wollen sie mir sagen.

Fiba: Es gibt viele fast legale Möglichkeiten sein Geld dem Staat zu verschweigen, ihm den Zugriff zu verwehren.

Jesse: Ich soll also keine Steuern bezahlen.

Fiba: Auf jeden Fall nicht mehr als nötig. Schließlich machen das alle so. Der Staat will beschissen werden. Sehen sie sich doch die da oben einmal an. Da hat doch auch jeder Dreck am Stecken. Erleben wir doch gerade erst wieder. Und was die da oben können, warum soll daß der kleine Mann nicht auch machen können dürfen.

Jesse: Wie lange ist es eigentlich her, als Leute auf die Straße gegangen sind, weil sie nicht so sein wollten, wie die da oben. Weil sie nicht nur an die eigene Tasche dachten. Haben wir den aufrechten Gang schon wieder verlernt?

Fiba: Das kann ich im meiner Position leider nicht beurteilen. Aber mal anders gefragt. Auch in Bezug auf ihre Rolle. Darf ein Mensch, der in einem Reich nicht von dieser Welt lebt, oder es zumindest herbei sehnt, an die Herren dieser Welt überhaupt Steuern zahlen?

Jesse: Der Menschensohn hat auf diese Frage bereits eine Antwort gegeben.

Fiba: Die dürfte ja wohl nicht mehr aktuell sein. Schließlich haben wir keinen Kaiser mehr. Und das Geld in meiner Tasche ist schließlich Meins.

Jesse: Dann frage ich dich eben auch mal: Was ist darauf zu sehen?

Fiba: Ich weiß jetzt nicht was sie bezwecken?

Jesse: Haben sie zufällig schon mal mit Geld bezahlt.

Fiba: Hä, ja, natürlich, früher. Heute zahle ich mit der Hamster-Gold-Card.

Jesse: Vielleicht wissen sie es trotzdem. Wer ist auf unserem Geld?

Fiba: Soweit ich weiß verschiedene Damen und Herren aber schon alle Verschieden. Und den Toten gehört es wohl sicher nicht mehr.

Jesse: Ich meine nicht die Personen. Schauen sie doch einfach mal auf ein Mark Stück.

Fiba: Dieser komische Vogel?

Jesse: ... ist das Symbol, Wappen, Zeichen unseres Staates. Also geben wir dem Staat, was seine ist.

Fiba: Das meinen sie jetzt aber nicht im ernst?

Jesse: Doch. Genau genommen ist uns das Geld doch nur zwecks Wertausgleich und Handel kostenlos vom Staat zur Benutzung freigestellt.

Fiba: Das klingt so, als sollten wir noch eine „Benutzungsgebühr“ für das Geld zahlen?

Jesse: Gerechter wäre es allemal.

Fiba: Ich glaube, ihnen ist nicht mehr zu helfen. Auf wiedersehen.

Jesse: Danke gleichfalls, Tschüs!



6. Bild

(Jesse sitzt am Tisch, seine Freunde kommen)

1. Hure: Hallo Jesse! Danke für die Einladung

2. Hure: Was gibt es denn heute zu feiern. Du hast so geheimnisvoll getan.

Jesse: Wartet, bis alle da sind, dann erfahrt ihr es. Aber machts euch bequem.

2. Hure: Ne kleine Andeutung?

Jesse: Nicht so neugierig.

1. Typ: Hallo alle miteinander. Wißt ihr schon das neueste.

2. Typ: Grüßen!

1. Hure: Hast du den Job?

1. Typ: Ja, es hat geklappt. Jesse, das hab ich dir zu verdanken. Seit wir Kumpel sind hat sich in meinem Leben alles geändert. Und dabei wollten wir dich ausrauben. Wahnsinn. Hier, (Holt Flasche Wein raus) ich gebe einen aus.

Jesse: Danke, stell sie auf den Tisch.

Reporter: Hallo Jungs, und Mädels! Ich bin doch nicht zu spät? Oder? Ich sag euch, ich bin hinter einer irren Story her. Wenn das klappt, aber dann.

2. Hure: Was dann? Noch was geheimnisvolles und nicht ausgesprochenes heute und ich werde wahnsinnig. Laßt doch alle mal die Katze aus dem Sack. Jesse, was ist heute los? Man, du hast Geburtstag! Und ich hab kein Geschenk?

1. Hure: Ich auch nicht. Aber dafür gratuliere ich dir ganz , ganz lieb.

Jesse: Nicht nötig. Ich habe nicht Geburtstag.

1. Typ: Na, dann aber mal raus mit der Sprache.

Jesse: Ich will mich von euch verabschieden. Mein Vertrag endet bald.

2. Typ: Ich hab so was geahnt.

1. Hure: Deshalb bist du heute so verstimmt.

2. Typ: Auch. Aber ich will auch gern einmal wissen, wer bist du eigentlich, Jesse.

Jesse: Für wen hälst du mich denn?

2. Typ: Du kannst fragen stellen. Wenn ich es nicht besser wüßte, dann würde ich sagen, du bist die Reinkarnation von dem Kunden aus dem dicken Buch. Evandium, oder wie das Ding heißt.

Jesse: Gut das du es besser weißt. Hör auf mich, sage das lieber keinem anderen.

(Handy des Reporters klingelt)

Reporter: Ja, am Apparat. Heute Nacht? Ganz sicher? Wieviel? Dreißig? Ok. Geht klar. Auf jedenfall! Sie können sich darauf verlassen. Wenn die Informationen stimmen? Ich tu was ich kann. Ja! Ja! Ok. Tschüß.

Jesse: Wer war es denn? Was wichtiges?

Reporter: Ich hab dir doch gesagt, eine irre Story. Ich muß los. Tut mir echt leid. Aber feiert ruhig ohne mich. Ich rufe dich nochmal an. Alles klar. Machts gut, Leute. (ab)

1. Hure: Der hat´s aber eilig. Als ob die Welt untergänge.

2. Typ: Mir ist wie Weltuntergang.

Jesse: Bis zu dem ist noch etwas Zeit. Macht euch keine Sorgen, kein Abschied ist für immer.

1. Typ: Was sollen wir denn ohne dich machen?

Jesse: Tut das, was ich euch beigebracht habe. Seid nett zu anderen, aber schleimt nicht. Angagiert euch für andere, aber denkt nicht an eure eigenen Taschen dabei. Oder anders gesagt, suchet der Stadt bestes.

2. Hure: Den Satz kenne ich. Willst du uns in die Politik schicken?

1. Typ: Ohne mich. Wählen gehe ich ja noch, aber mehr nicht.

Jesse: Wählen allein reicht nicht. Mitmachen mußt du. Entweder du bestimmst mit, oder über dich wird bestimmt. Hinterher meckern kann jeder.

1. Hure: Jungs, streitet euch jetzt bloß nicht über Politik. Wir wollten deinen Abschied feiern. Fangen wir endlich mal an. Ich habe Hunger.

Jesse: Du hast recht. Nehmt die Trinkerei mit. Wir gehen rüber ins andere Zimmer. (alle ab)



Schluß

Reporter: Hallo Jesse, ich dachte schon du kommst nicht mehr.

Jesse: Warum sollte ich nicht kommen, wegen damals?

Reporter: Du hast mich erkannt?

Jesse: Natürlich.

Reporter: Bist du mir böse deshalb?

Jesse: Nein, es mußte geschehen.

Reporter: Du kennst mich doch, Schließlich sind wir alte Freunde gewesen.

Jesse: Uralte.

Reporter: Genau. Ich habe es doch nur gut gemeint. Manchmal muß man die Leute zum handeln zwingen.

Jesse: Du wolltest mich zum handeln zwingen?

Reporter: Ja. Nur du warst so gar nicht berechenbar. Und ich frage mich noch heute, warum du nichts getan hast.

Jesse: Du hast es also bis heute nicht verstanden.

Reporter: Ehrlich gesagt: Nein.

Jesse: Weshalb bist du eigentlich so nervös.

Reporter: Ich bin nicht nervös.

Jesse: Du schaust dauernd auf die Uhr.

Reporter: Zeit ist Geld.

Jesse: Sie werden pünktlich sein.

Reporter: Wer?

Jesse: Stell dich nicht so dumm, du weißt es genau.

Reporter: Du hast es damals gewußt, und du weißt es heute. Und trotzdem bist du gekommen?

Jesse: Weil geschehen muß, was geschehen muß. Dort kommen sie! Machst du es so wie damals?

Reporter: Ich denke, das haben wir nicht nötig.

Jesse: Du hast recht.

B: Guten Abend. Ist alles geklärt.

Jesse: Ja, wir können gehen.

C: Keine Fragen?

Jesse: Nein, oder doch, wo sind die Knechte?

C: Wozu Knechte? Du kommst doch auch so mit, Oder?

Jesse: Ja,

Reporter: Wohin bringt ihr ihn?

B: Keine Angst, wir lassen ihn nicht umbringen.

C: Wir haben da so ein Heim, wo Leute mit einer gestörten Persönlichkeit geholfen werden kann.

Jesse: Du hast also diesmal keinen Grund, deinen Fehler von damals zu wiederholen.

Reporter: Und was wirst du nun tun? Handeln?

Jesse: Nein, mich fügen.

B: Na dann, gehen wir.



E N D E