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Oederaner Krippenspiel 1991

Text: Heidus der Germane

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Jan: (kommt Text lesend herein) Das kann doch wohl nicht wahr sein, wer hat sich nur diesen Text ausgedacht. Zahm, fromm und konservativ. - Das ist keine frohe Botschaft, das ist ein frommes Märchen. Ich sehe das schon so richtig vor mir. Die Hirten schleppen sich lahmgefroren über den Altarplatz, der Wirt bedauert wortreich den ärmlichen Stall. Und dann erst die "Engeline", blond, blauäugig, mit weissem Nachthemd und Papierflügeln. - Dabei wären Gänsefedern angebrachter. Doch was soll's, wer A sagt muss auch B sagen. (schaut auf Uhr) Bis zur Probe ist noch Zeit. (gähnt) Ich mache es mir erst mal bequem und versuche diesen Schmalz zu lernen. (gähnt wieder) Nein, so ein langweiliger Text. Wenn ich nur nicht so müde wäre. Das müßte alles ganz anders gespielt werden. (legt sich oder lehnt sich an) Viel mehr Pep muss da rein, Action, da muss sich was bewegen. (gähnt) Bin ich müde. Das muss alles ganz anders gemacht werden, ganz anders.(schliesst die Augen und schläft ein)

Wirt: (kommt Händereibend von Seite) Gelobt sei der Kaiser, und meine Tüchtigkeit. Ist eine gute Idee gewesen, die Leute zur Volkszählung in ihren Heimatort zu schicken. Und ich, als ob ich's geahnt hätte. Wie hat meine Frau geschimpft, wo ich mir vor zwei Jahren hier in Bethlehem mein Vaterhaus zurückgeholt habe. Ich kann sie ja verstehen: wer zieht schon freiwillig aus Jerusalem in die Provinz. Das machen nur Narren, oder Leute wie ich, welche spüren, wo und wie man Geld machen kann.

Wirtin: (kommt hinzu) Ach stehst du rum und hältst Maulaffen feil. Komm rein und hilf mir. Ständig kommen neue Gäste und suchen eine Unterkunft. Unser Haus ist schon voll.

Wirt: Da siehst du, wie das Geschäft floriert. Aber erst meckern, als ich wieder hier heraus wollte, und dann meckern, als ich hier ausgebaut habe. Und jetzt meckern, weil du zuviel Arbeit hast, oder wie? Na lass gut sein, ich danke gerade im stillen dem Kaiser. Der weis, wie man die Wirtschaft ankurbelt.

Wirtin: Dem geht es doch nur um seine Macht und seine Steuern. Komm bitte mit rein und hilf mir. Ich schaff es nicht allein.

Wirt: Ja, ja, es ist ganz schön was los in Bethlehem. In den letzten dreißig, vierzig Jahren ist halb Bethlehem ausgewandert und jetzt müssen alle in ihre Heimat zurück. (legt Arme auf ihre Schultern) Und bei uns klingelts in der Kasse.

Wirtin: (macht sich frei) Ist ja gut, du hast ja recht. Aber jetzt hilf mir.

Wirt: Was heißt hier Recht. Das richtige Gespür zum Geld machen habe ich. Das liegt bei uns in der Familie.Als hier in Bethlehem nichts mehr los war, ist mein Vater, - quasi bei Nacht und Nebel - rauf nach Jerusalem. War ein schwerer Anfang dort. Aber er hat es geschafft. Reich sind wir geworden, reich durch harte Arbeit.

Wirtin: Lobe euch doch nicht zusehr. Andere haben auch gearbeitet und hatten nicht so viel Glück wie deine Familie.

Wirt: Quatsch doch nicht von Dingen, von denen du nichts verstehst. Schau dich doch nur um in diesem Kaff. Alles verkommen. Der Pöbel hier hat nie etwas von Arbeit gehalten. Und wie sah denn mein Vaterhaus aus? Der Wind pfiff durch alle Ritzen. Die ganzen Jahre ist nichts dran gemacht worden. Naja, dem Simon habe ich gezeigt, wer hier der Herr im Hause ist. Knecht ist sein Vater bei meinem gewesen, Knecht! Als mein Vater dann weg war, hat er sich alles unter den Nagel gerissen und verlumpern lassen. Jetzt ist er wieder dort wo er hingehört, draussen bei den Schafen und dem anderen Hirtenpack.

Wirtin: Mann, versündige dich nicht. Wie kannst du nur so über an­dere reden. Du warst doch selber gar nicht hier. Doch nun komm endlich und kümmere dich um die Gäste. (beide ab)



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Maria: Wie weit ist es denn noch bis Bethlehem. Ich bin fast am Ende meiner Kräfte.

Josef: Hab` noch etwas Geduld, wir müssen bald da sein. Die Gegend hier kommt mir schon bekannt vor.

Maria: Wie kannst du nur bei dieser Finsternis etwas erkennen. Ich habe schon zu tun, das ich die Straße zu meinen Füßen sehe.

Josef: Aber Maria, hier habe ich doch schon als Kind mit meinen Freunden rumgetobt. Habe ich dir eigentlich schon mal erzählt, wie wir unserem Rabbi immer Streiche gespielt haben?

Maria: Mehr als einmal hast du das.

Josef: Und jetzt soll mein Sohn hier geboren werden, in meiner Heimatstadt. Weißt du, wie sehr mich das freut?

Maria: Und mich freut, das du von dem Kind, welches ich unter dem Herzen trage immer als "mein Sohn" sprichst.

Josef: Am Anfang, als ich merkte, das du schwanger bist ist es mir auch nicht leichtgefallen. - ich wollte mich schon klammheimlich verdrücken. Bis mir dann der Engel im Traum erschien und zu mir sagte:

Stimme des Engels: (Matt.1;20b-21) Josef, du Nachkomme Davids, scheue dich nicht, Maria zu dir zu nehmen! Denn das Kind, das sie erwartet, kommt von dem Geist Gottes. Sie wird einen Sohn bekom­men, den sollst du Jesus nennen. Denn er wird sein Volk von aller Schuld befreien.

Maria: Auch mir ist ein Engel erschienen. Unter anderem sprach er zu mir:

Stimme des Engels: (Luk.1;31-33) Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott wird ihm das Königtum seines Vorfahren David übertragen. Er wird immer über die Nachkommen Jakobs regieren. Seine Herrschaft wird nie zu Ende gehen.

Josef: Der Ruhm der Söhne fällt immer auch auf die Väter zurück. Einem Kind, dem so viel verheißen wird, sollte ich nicht den Vater ersetzen?

Maria: Ach Josef, Josef. -- Du, was sind das für Lichter davorn?

Josef: He, das ist schon Bethlehem. Ich hatte doch gesagt, es ist nicht mehr weit. Noch ein paar Minuten und du kannst dich ausruhen. (beide ab)



3.Bild

Josef: Maria, was ist mit dir?

Maria: Was ist das nur für ein Ort, dieses Bethlehem? Kaum hat man den Leuten seinen Wunsch vorgetragen, schon schmeissen sie einem die Tür vor der Nase zu. Wir sind doch keine Verbrecher, die man nicht ins Haus lassen kann.

Josef: Als ob wir ihnen was weg nehmen wollten. Dabei suchen wir doch nur ein Dach überm Kopf für die Dauer der Volkszählung.

Maria: Bitte Josef, frage hier noch mal. Das ist das letzte Haus in der Strasse.

Josef: (klopft) Hallo, ist hier jemand?! - Herr Wirt! - Macht bitte auf!

Wirt: Was soll denn der Lärm um diese Zeit. Willst du meine Gäste aufwecken?

Josef: Verzeiht, Herr Wirt. Niemanden wollte ich stören. Aber wir suchen ein Zimmer für die Nacht.

Wirt: Da kommt ihr etwas spät. Mein Haus ist voll bis unter's Dach. Die Volkszählung, ihr wißt ja.

Josef: Ja, wir konnten leider nicht schneller reisen. Wenn ihr wenigstens für meine Verlobte ein Bett hättet. - Ich bitte euch.

Wirt: Nun, ich bin Geschäftsmann. Ich will sehen, was ich tun kann.

Josef: Vielen Dank, Herr Wirt.

Wirt: Wieviel könnt ihr den zahlen?

Maria: Wir haben nicht viel, um nach Bethlehem reisen zu können, mussten wir uns bereits Geld borgen.

Wirt: Ach so - na dann ...

Wirtin: Kannst du nicht dir Tür zumachen, ich heize doch nicht für die Straße. - O, was ist denn hier los?

Wirt: Die Leute hier suchen ein Zimmer, haben aber kein Geld.

Wirtin: Mann, siehst du denn nicht, was mit der Frau los ist? - Nun, unser Haus ist zwar wirklich voll, aber ich kann euch doch nicht in diesem Zustand auf der Straße übernachten lassen. Wann ist es denn soweit?

Maria: Es kann sich nur noch um Stunden handeln.

Wirtin: Na, wenn es so ist. - Würde mein Herr Gemahl statt ans Geld zu denken bitte hinein gehen und eine Laterne sowie ein paar warme Decken holen! - Na geh' schon (Wirt ab) Ich hoffe, ihr werdet über das Quartier nicht verärgert sein.

Maria: Mir ist alles recht. Wenn ich mich nur bald hinlegen und schlafen kann.

Wirtin: Ich werde euch im Stall frisches Heu aufschütten und Decken darüber legen. Da habt ihr es warm und weich. Mehr Platz haben wir leider wirklich nicht mehr.

Josef: Wir danken euch, Frau Wirtin



4.Bild

Simon: Eine scheußliche Nacht ist das heute. Kalt und dunkel. Kein einziger Stern ist zu sehen.

Ehut: Ja, so scheußlich wie die Zeit in der wir leben. Du Simon, ich möchte nur mal wissen, wo all das Volk herkommt, das in Bethlehem Unterkunft sucht. Und was für Typen da dabei sind. Ein Bettelvolk ist das größtenteils, denen möchte ich nicht allein begegnen. Hoffentlich hau'n die bald wieder ab.

Simon: Aber Ehut, schimpf doch nicht so auf die Leute. Was können die denn dafür. Der Befehl des Kaisers hat sie hergeschickt.

Ehut: Ach hör' mir doch damit auf. Heute ist es der Kaiser, morgen ein Erdbeben oder ein Krieg. Irgendeine Ausrede finden die doch immer, um sich bei uns einzunisten. Soll ich dir mal was verraten?

Simon: Bitte verschone mich mit deine Weisheiten.

Ehut: Die meisten sind nur zu faul zum arbeiten, die betteln lieber. Und wir kleinen Leute füttern sie am Ende doch mit durch. Dabei haben wir selber kaum was.

Simon: Du tust ja gerade so, als wollten dir die Fremden was wegnehmen.

Ehut: Ist es etwa nicht so?

Simon: Ein kluger Mensch hat mal gesagt: Wer Angst hat, das man ihm was wegnimmt, der hat zuviel.

Ehut: Bei dir tickt es ja nicht richtig.

Alter: (kommt hinzu) Na ihr zwei, streitet ihr euch wieder mal?

Ehut: Was heißt hier Streiten. Der sieht wiedermal nicht ein, das ich recht habe.

Alter: Ich komme gerade aus Bethlehem. Dort habe ich durch zufall zwei Schriftgelehrten zugehört. Wenn das stimmt, was die erzählt haben, kommt Bethlehem noch mal ganz groß raus.

Simon: Wer's glaubt wird seelig.

Ehut: Erzähle 'mal bischen genauer!

Alter: Die Schriftgelehrten zitierten Stellen aus der Heiligen Schrift. An einer Stelle hieß es: Du Bethlehem, bist mitnichten die Kleinste unter den Städten in Juda. denn aus dir soll kommen, der der Herr sei bei meinem Volk Israel.

Simon: - Der der Herr sei - schon wieder ein neuer Herr?! Jedesmal wenn die Herren wechseln, hofft man, das es besser wird. Mir ist es gleich, wo der Herr geboren wird. Der eine ist ein Tyrann, ein anderer gibt sich volksverbunden. - Am Ende geht es allen Herren immer nur um Macht und Geld.

Ehut: Du Schwarzseher! Gerade jetzt könnten wir einen richtigen Herrn, einen König, einen Führer gebrauchen. Einen der mal ordentlich aufräumt und Zucht und Ordnung wieder herstellt im Lande.

Simon: Zucht und Ordnung? Da müßte er ja dich als Ersten einsperren

Ehut: (wütend) Werde nicht frech, eh.

Simon: Und nur wer selbst zu blöde ist Verantwortung zu übernehmen braucht einen "Führer"!

Ehut: Komm her du Schwein! (geht auf Simon los)

Alter: ( geht dazwischen) Schluss jetzt, ihr Streithammel! Der Herr, den die Gelehrten meinten, ist anders als ihr ihn euch vorstellt oder wünscht.

(Lärm - Krach - Licht an - Licht aus - Blitze - Donner -- Engel kommt in Lederjacke o.ä., auf BMX-Rad oder Moped)

Engel: (Luk.2;10-12,14) Fürchtet euch nicht. Ich bringe euch eine gute Nachricht, über die sich ganz Israel freuen wird. Heute wurde in der Stadt Davids euer Retter geboren, welcher ist Christus der Herr. Geht und seht selber, er liegt in Windeln gewickelt in einer Futterkrippe. - Daran könnt ihr ihn erkennen!

Ehre sei Gott im Himmel und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

(erschrecken bei den Hirten - Pause)

Simon: Was war denn das? Täuschen sich meine Sinne?

Ehut: Mir schlottern ja richtig die Knie, sowas habe ich noch nie erlebt.

Alter: Hosianna, der Messias, der Herr ist geboren. Schnell! Kommt! Wir müssen sofort nach Bethlehem! (treibt Hirten an) Na macht schon! Los! Beeilt euch! (alle ab)



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Alter: (kommt mit Hirten) Entschuldigt bitte. Wir möchten euch nicht stören, doch wir sind gekommen, den neuen König, den versprochenen Retter zu ehren und anzubeten.

Josef: (sitzt mit Maria hinter der Krippe) Kommt nur herein und schaut ihn euch an. Hier in der Krippe liegt er.

(Alter Kniet nieder und betet still, die anderen schauen sich um)

Ehut: Tatsächlich, es ist alles so, wie der Engel es beschrieben hat.

Simon: Das stimmt. Doch mir will es nicht in den Kopf, das dieses Kind ein König werden soll.

Wirt: (ist hinzugetreten) Was höre ich da von einem König? Wo soll der sein?

Alter: Hier, Herr Wirt, in eurem Stall.

Wirt: (lacht) Ich sehe außer dem jungen Paar, dem Kind, euch und den Beiden (zeigt auf Hirten) niemanden weiter. Also, was redet ihr da?

Alter: Dieses Kind hier meinen wir. Es ist der Messias.

Wirt: Dieses Kind?

Josef: Nur nicht so ungläubig, Herr Wirt. Ich kann es bestätigen.

Wirt: Was es nicht alles so gibt - und das in meinem Haus. - Das muß ich sofort meiner Frau erzählen. (ab)

Ehut: Ich weiß nicht, aber von diesem Kind geht etwas aus, - ich kann es nicht beschreiben, aber mir wird so, so, so anders. Alles was mir bisher wichtig erschien, wird auf einmal so unbedeutend, so nichtig.

Alter: Wir stehen dem Größten und Stärksten gegenüber, der als Schwächster der Schwachen zu uns gekommen ist. Das ist selbst für mich fast unvorstellbar.

Wirtin: (kommt mit Wirt) Was erzählt mir mein Mann eben von einem König? (geht zur Krippe) Ist das aber ein hübsches Kind. So was hübsches habe ich noch nie gesehen. - Soll ich euch noch irgend etwas bringen? Braucht ihr noch was?

Maria: Nein danke. Aber habt Dank dafür, das wir hier im Stall bleiben durften.

Wirtin: Das ist doch selbstverständlich. eigentlich ist es mir jetzt fast peinlich, euch nur hier in Stall ...

Alter: Lasst gut sein, Frau Wirtin. Es muß euch nicht peinlich sein. Gott weis schon, warum er seinen Sohn "hier" auf die Welt kommen läßt.

Simon: (kniet vor der Krippe nieder) Herr, du bist gekommen, um unser Leben zu verändern. Ich war resigniert, zerschlagen. Ich hatte alles aufgegeben. Doch nun bist du da. Du willst uns alle, die wir am Boden liegen, wieder aufrichten und uns neuen Mut geben.

Ehut: Es ist schon seltsam. Da wartet unser Volk schon so lange auf den Erlöser. Und wir hatten alle ganz konkrete Vorstellungen, wie er sein müßte. Und dann kommt er als kleines, hilfloses Kind, von dem aber eine unwahrscheinliche Kraft, ja Liebe ausgeht.

Alter: Ja Ehut, dieses Kind vermag das, was kein Geld und keine Ideologie je erreichen kann. Dieses Kind kann aus Menschen wieder Menschen machen.

Wirt: Wenn ich mal was sagen darf, ...

Wirtin: Nein Mann, genug geredet! Maria und das Kind brauchen jetzt ihre Ruhe. Also alle raus hier.

Alter Ihr habt recht, Frau Wirtin. Wir wollen gehen. Doch wir wollen es allen sagen, die wir treffen: Seit heute gibt es einen weg ins Leben. (Hirten und Wirtsleute ab)



(Spieler des Engels kommt zu Jan und weckt ihn)

Engel: He du Penner, ausgeschlafen? Ich hatte schon befürchtet, du lernst deinen Text. Das wäre umsonst gewesen.

Jan: Gelernt? Nee, eigentlich nicht. Ich wollte.

Engel: Übrigens, wir haben neue Texte.

Jan: Weil du gerade Text sagst, ich habe eben von einem Krippenspiel geträumt. Den Traum muß ich dir unbedingt erzählen.

Engel: Ja gut, aber auf dem Weg. Wir müssen los, komm! (beide ab)