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Das kalte Herz


Märchenspiel frei nach Wilhelm Hauff

Text: Heidus der Germane


1. Bild (vorm Haus von Peter)

Erzähler: Die Geschichte, welche hier erzählt werden soll, hat sich so, oder so ähnlich vor vielen Jahren in einem Gebirge zugetragen, welches wegen der tiefen, fast undurchdringlichen dunklen Tannenwälder, solche gab es damals noch, der Schwarzwald genannt wird. Auf beiden Seiten des Gebirges wohnen Menschen des selben Volksstammes, die Schwaben. Während sich die einen mit der Kunst des Glasmachens ihren Lebensunterhalt verdienten, lebten die dem Neckar zu wohnenden von ihrem Wald. Sie fällten ihre Tannen und flözten sie den Neckar hinab in den Rhein bis nach Holland.
Noch vor kurzem glaubten die Menschen an Waldgeister, so an des Glasmännlein und den Holländer-Michel. Das Gläsmannlein war ein guter, den Menschen helfender Zwerg, dagegen der Holländer-Michel ein furchterregender Riese, welcher seine Zauberkraft vom Teufel erhalten hatte.
In diesem Wald lebte auch Peter, ein junger Bursche. Er war wie sein Vater Köhler von Beruf und lebte mit seiner Mutter allein auf einer Lichtung im Wald. Bei seiner Arbeit in der Einsamkeit des Waldes hatte er viel Zeit zum Nachdenken und er spürte eine starke, unbestimmbare Sehnsucht. Irgendetwas betrübte ihn und ärgerte ihn, nur wußte er nicht was. Endlich merkte er, was ihn störte, - sein Stand.

Lisbeth: (kommt) Peter! - Peter!

Mutter: Guten Tag Lisbeth! Peter ist nicht da. Heute früh hat er seinen Sonntagsstaat angezogen und ist fortgegangen. Wohin weiß ich nicht.

Lisbeth: Guten Tag! Schade - aber vielleicht ist es auch gut so. Kann ich einmal mit euch reden?

Mutter: Natürlich. Es ist wegen Peter?

Lisbeth: Ja. Peter ist so anders geworden, so abwesend. Früher war er immer lustig, doch in letzter Zeit scheint ihn etwas zu bedrücken, richtig schwermütig ist er.

Mutter: Das habe ich auch schon gemerkt. Der Junge hat es aber auch nicht leicht. Seit der Vater tot ist, muß er die ganze schwere Arbeit machen.

Lisbeth: Ich glaube nicht, das ihn die Arbeit so bedrückt. Vielmehr ist es wohl, das er nicht so reich ist wie der Ezechiel. Auch beneidet er den Tanzbodenkönig um seine Gewandheit.

Mutter: Wir waren immer ehrliche Leute. Freilich, zu Reichtum haben wir es damit nicht gebracht. Aber deswegen muß man nicht unzufrieden sein. Und zum Leben hat es immer gereicht.

Lisbeth: Mir sind der Tanzbodenkönig und der Ezechiel auch unsympathisch. Ich habe aber Angst, das Peter sich die beiden zum Vorbild genommen hat. Stundenlang redet er davon, was man machen müßte, um viel Geld zu verdienen. Gestern fragte er mich, was ich sagen würde, wenn er die Berggeister um Hilfe bitten würde.

Mutter: O mein Gott! Ich glaube, jetzt weiß ich, wohin er gegangen ist. Deshalb hat er mich so nach den alten Geschichten ausgefragt.

Lisbeth: Ach, das sind doch nur Märchen.

Mutter: Wer fest an Märchen glaubt, für den können sie wahr werden. Doch diese Geschichten sind keine Märchen. Meine Mutter kannte noch Leute, welche das Glasmännlein und den Holländer-Michel mit eigenen Augen gesehen hatten.

Lisbeth: Ihr macht mich neugierig. Bitte erzählt mir von den Beiden.

Mutter: Gut, setzen wir uns dazu. Das Glasmännlein soll droben im Tannenbühl hausen. Nur Sonntagskindern ist es vergönnt, es zu sehen. Aber auch nur, wenn sie den Zauberspruch kennen, um es zu rufen. Wer das Männlein findet, bekommt von ihm drei Wünsche gewährt. Von dem Spruch kenne ich nur den Anfang. Vollständig scheint ihn niemand mehr zu kennen. Man hat zumindest schon lange nicht mehr gehört, das jemand durch das Glasmännlein reich beschenkt worden sei. Und wenn man sich umschaut, es gibt viel mehr Arme als Reiche auf der Welt. Der Holländer-Michel ist das ganze Gegenteil vom Glasmännlein, ein wahrer Riese soll er sein. Niemand weiß woher er gekommen ist. Doch mit seinem Auftauchen zogen Neid und Mißgunst, Habgier und Herzlosigkeit bei den Menschen ein. Auch er brachte vielen Reichtum, den Holzhändlern und Flözern zeigte er den Weg nach Holland. Dort können sie ihr Holz um vieles teurer verkaufen als in Köln oder anderswo. Doch mit dem vielen Geld kamen auch viele Unsitten, Trunksucht und Glücksspiel in unsere Berge. Und wie oft hat es schon Totschlag deswegen gegeben. -- Da sitzen wir nun hier und schwatzen und drinnen wartet die Arbeit. Lisbeth, wenn du mir ein wenig hilfst, kann ich dir drinnen weitererzählen.

Lisbeth: Gern helfe ich euch. (beide ab)



2. Bild (im Wald)

Peter: (kommt) Als Sonntagskind werde ich den Schatzhauser schon finden. Alle werden sich Wundern, wenn ich auf einmal reich bin. Und ich werde das Leben richtig genießen können.

Michel: (kommt von hinten) Tag, Peter Munk. Was tust du im Tannenbühl um diese Zeit?

Peter: Guten Tag, Landsmann. Ich will einen Spaziergang machen auf die andere Seite hinüber.

Michel: Lüge nicht, du Kohlen-Peter, oder ich schlage dich mit der Stange zu Boden! (droht) - Meinst du, ich weiß nicht, das du zu dem Kleinen willst betteln gehen. - Kennst du denn überhaupt den Spruch, womit du die Glasfigur finden kannst?

Peter: Freilich kenne ich ihn, hör' zu: Schatzhauser im grünen Tannenwald,
bist viele hundert Jahr' schon alt,
dein Land ist dort wo Tannen stehen,


Michel: Das ist nicht der ganze Spruch, etwas fehlt noch. Aber das ist gut so. Der kleine ist ein Knauser und gibt nicht viel. Und wem er gibt, der wird seines Lebens nicht froh. Peter, du bist ein armer Tropf und dauerst mich in der Seele. So ein schöner, munterer Bursche wie du könnte in der Welt noch was werden und - du sollst arbeiten, Kohlen brennen. Andere habe Taler oder Gold und du kaum ein paar Kreuzer, das ist ein ärmliches Leben.

Peter: Recht habt ihr, ein elendes Leben.

Michel: Na, mir solls nicht darauf ankommen, hab schon manchem braven Kerl aus der Not geholfen. Sag, wieviel hundert Taler brauchst du fürs erste?

Peter: Vielen Dank, mein Herr. Ich habe auch schon von euch gehört, und da möchte ich lieber nichts mit euch zu tun haben (schnell ab)

Michel. Das wirst du noch bereuen, Peter, wirst schon noch zu mir kommen. Du entgehst mir nicht, das ist dir im Gesicht geschrieben! (ab)

Peter: (kommt vorsichtig wieder) Huh, das war knapp. Wieso soll an dem Spruch noch etwas fehlen? Ich probier es einfach aus.
Schatzhauser im grünen Tannenwald,
bist viele hundert Jahr' schon alt,
dein Land ist dort wo Tannen stehen. ---
(wartet) Ich wünsche einen guten Tag, Herr Glasmann. Herr Glasmann, wo seid ihr?

Schatzhauser: (nur Stimme) Fehlen tut der Zeilen eine, -- reime, reime.

Peter: Reimen? Nur was soll ich reimem? (nachdenklich) Alt reimt auf Wald, doch stehn? Wie reime ich nur? -- Moment! Er zeigt sich doch nur Sonntagskindern. Ah, ich habe es, "läßt dich nur vor Sonntagskindern sehen." Jawohl, so wird es gehen. Na denn:
Schatzhauser im grünen Tannenwald,
bist viele hundert Jahr' schon alt,
dein Land ist dort wo Tannen stehen,
läßt dich nur vor Sonntagskindern sehen.

Schatzhauser: (kommt) Hast es zwar nicht ganz getroffen, aber weil du es bist Peter, so soll es gelten. Du bist dem Flegel begegnet, dem Holländer-Michel. Er hat dich recht ängstigen wollen?!

Peter: Ja, Herr Glasmann, mir war ganz schön bange. Doch ich komme, um mir Rat bei euch zu holen. Ein Kohlenbrenner bringt es nicht weit, und da ich noch jung bin, könnte wohl noch etwas besseres aus mir werden. Wenn ich dann andere sehe, wie weit die es gebracht haben, nehmen wir nur den Tanzbodenkönig oder den Ezechiel, die haben Geld wie Heu.

Schatzhauser: Erzähle mir nichts von denen. was haben sie davon, wenn sie hier ein paar Jahre scheinbar glücklich leben und dann für die Ewigkeit in der Hölle schmoren. Du mußt deine Arbeit nicht verachten. -- Ich will doch nicht hoffen, das die Liebe zum Müßiggang dich zu mir führt?

Peter: Nein, Nein. Ich weiß: Müßiggang ist aller Laster Anfang. Aber nehmt mir nicht übel, das mir etwas anderes besser gefällt.

Schatzhauser: Nicht doch, wer kann bei uns schon immer ohne Beziehungen das Lernen was ihm zusagt.

Peter: Ihr sagt es. Und mein Job ist halt gar so was geringes auf der Welt. Glasleute, Flözer, Maurer, alle sind angesehener.

Schatzhauser: Hochmut kommt oft vor dem Fall. Ihr seid schon ein sonderbares Geschlecht, ihr Menschen. Selten ist einer zufrieden mit dem, was er ist oder hat und kaum ist euch ein Wunsch erfüllt, schon habt ihr drei neue. Nun denn, Peter, ich pflege jedem Sonntagskind drei Wünsche zu erfüllen, wenn es mich findet. Die ersten zwei sind frei, doch den dritten kann ich verweigern, wenn er töricht ist. Sage nun deine Wünsche, aber wünsche dir etwas gutes und nützliches.

Peter: Heisa, man nennt euch mit recht den Schatzhauser, da ich nun wünschen darf wonach mein Herz begehrt, so will ich fürs erste noch besser tanzen können als der Tanzbodenkönig und jedesmal noch einmal soviel Geld im Wirtshaus haben wie der Ezechiel.

Schatzhauser: Du Dummkopf, welch ein erbärmlicher Wunsch ist das! Gut tanzen zu können und viel Geld fürs Wirtshaus zu haben! Noch einen Wunsch gebe ich dir frei, aber wünsche dir etwas vernünftiges.

Peter: So wünsche ich mir die schönste und reichste Glashütte im ganzen Schwarzwald mit allem Zubehör und Geld, um sie zu leiten.

Schatzhauser: Und sonst nichts?

Peter: Ihr könnt ja noch Pferd und Wagen dazutun.

Schatzhauser: O Peter, Peter! - Pferd! Wagen! Verstand, gesunden Menschenverstand und Einsicht hättest du dir wünschen sollen, dann wären Pferd und Wagen bald von selbst gekommen. -- Nun, werde nicht traurig, so töricht war dein zweiter Wunsch nicht. Eine Glashütte kann schon ihren Mann ernähren.

Peter: Ich habe doch noch einen Wunsch übrig, da könnte ich mir doch Verstand wünschen, wenn er mir so nötig ist?

Schatzhauser: Nichts da. Du wirst noch froh sein, das du noch einen Wunsch frei hast. Die große Glashütte im Unterwald ist zu haben. Hier hast du zweitausend Taler, damit mußt du reichen, Geld gebe ich dir keins mehr. Doch ich will ab und zu nach dem Rechten sehen. Nun mach dich auf den Weg und nimm dich vor dem Wirtshauslaufen in acht, Peter (ab)

Peter: Habt vielen Dank, Herr Glasmann.


3. Bild (im Wirtshaus)

Erzähler: So ausgerüstet ging Peter am anderen Morgen in den Unterwald und kauft die Glashütte. Anfangs gefiel ihm das Handwerk wohl und oft versuchte er sich selbst in der Kunst des Glasblasens. Er ließ soviel Glas wie nur möglich machen. Doch schon bald hatte er immer weniger Interesse daran und kam immer seltener in seine Hütte, zunächst nur eine Stunde pro Tag, dann nur noch alle zwei Tage, schließlich nur noch einmal die Woche. Die restliche Zeit verbrachte er im Wirtshaus beim Tanzen und Karten spielen. Da er sich kaum noch um seine Glashütte kümmerte machten seine Arbeiter immer weniger Glas und die Hütte selbst verfiel. Schnell war das Geld verbraucht und Peter mußte schulden machen. Bald waren seine Schulden so hoch, das der Gerichtsvollzieher zum Pfänden kam. Nur im Wirtshaus besaß Peter immer genügend Geld, und zwar immer soviel, wie der Ezechiel gerade in der Tasche hatte.

(Halbe Bühne frei, auf der anderen Hälfte ein Wirtshaus)

Ezechiel: (kommt und setzt sich) He Wirt, einen Schoppen vom Roten. - War der Peter heute schon hier?

Wirt: (bringt den Wein) Tag Ezechiel! Auf den Spielpeter wartest du heute bestimmt vergeblich. Der Gerichtsvollzieher war heute bei ihm.

Ezechiel: Ach was. Für ein Spielchen hat Peter immer ein paar Taler. Er wird sich schon etwas zur Seite gelegt haben, was ich ihm noch abnehmen kann.

Wirt: Man spricht aber, das seine Schulden höher seien als der Wert seiner Glashütte.

Ezechiel: So soll er halt das Haus seiner Mutter verscherbeln.

Peter: (im kommen) He Wirt, ist der Ezechiel schon da?

Ezechiel: Kommt nur herein, ich warte schon auf dich. Karten und Würfel liegen bereit. Wir dachten schon, du kämst nicht, -- wegen dem Gerichtsvollzieher.

Peter: Macht euch nur deswegen keine Sorgen, solange ihr genug Taler habt, können wir schon spielen.

Ezechiel: Du bist ein rechter Mann und sprichst ein mutiges Wort. Wenn es recht ist, will ich dir deine Taler beim Würfeln abnehmen.

Peter: Nur immer zu, würfeln wir.

(Beide würfeln abwechselnd -- Ezechiel verliert, während Peter fast alles Geld des Ezechiel einstreicht. Geld so einstecken, das es bei der folgenden Durchsuchung nicht herausfällt, Spieldialog frei zum Würfeln improvisieren, Peter muß immer gewinnen)

Ezechiel: Heute scheine ich es zu sein, der verliert. Nun, noch ein letztes Spiel, wenn ich auch das verliere, leihst du mir von deinem Gewinn.

Peter: Soviel du willst, und wenn es hundert Taler wären.

Ezechiel: (würfelt) Sechser-Pasch! Jetzt wollen wir einmal sehen!

Peter: (würfelt) Maex. Du hast verloren!

Stimme des Michel: So, das war der letzte. (Peter erschrickt, erstarrt)

Ezechiel: Peter! - Peter! He, leihe mir zehn Taler, wie versprochen.

(Peter fängt an zu suchen, findet aber kein Geld)

Ezechiel: (wird ungeduldig) Nun mach schon, wo hast du es denn eingesteckt?

Wirt: Na in die linke Tasche.

Ezechiel: Da muß ich dir wohl beim Suchen helfen! (beginnt in Peters Sachen zu kramen)

Wirt: Ich habe es doch selbst gesehen wie er es eingesteckt hat. - Am Ende hast du das Geld wohl weggezaubert!

Ezechiel: Ja, um nichts borgen zu müssen!

Peter: Aber ich weiß auch nicht ...

Wirt: ... zahle sofort deine Zeche! -- Zahle, oder lasse dich hier nie wieder blicken, du, du Zechpreller.

Peter: Aber ...

Wirt: Das Geld weggezaubert, was kann es denn anders sein. Morgen gehe ich in die Stadt und zeige dich wegen Zauberei an.

Ezechiel: Du Betrüger, schere dich zum Teufel!

(Wirt und Ezechiel fassen Peter und werfen ihn hinaus - freie Bühnenhälfte - beide nach der anderen Seite ab)

Michel: (tritt zu dem am Boden liegenden Peter) Mit dir ist es aus, Peter, all deine Herrlichkeit ist zu Ende. Ich habe dich ja gleich gewarnt, als du zu dem Zwerg ranntest. Es bringt nichts, wenn man meinen Rat mißachtet. Versuch es einmal mit mir. Deine Glashütte bist du los, aus der Schenke haben sie dich rausgeworfen. -- Dein ganzes Unglück kommt von dem Glasmännlein, diesem Frömmler und Kommunisten. Wenn schon, dann soll man richtig schenken, nicht so wie dieser Knauser. Komm zu mir, wir wollen sehen, ob wir handelseinig werden.

Peter: Handelseinig? Ich habe nichts, was ich euch geben könnte! (beide ab)


4. Bild (Bei Michel, ein Tisch, zwei Stühle, an der Wand Gläser mit Herzen)

Michel: Nimm Platz und höre zu. Du hast, nimm es mir nicht Übel, du hast viele Hundert Taler an Bettler, Ausländer und anderes Gesindel weggeworfen. Was hat es dir genützt? Sie wünschten dir dafür Segen und Gesundheit. Für die Hälfte des Geldes hättest du dir einen Arzt halten können. Und der Segen? Ein schöner Segen, wenn man gepfändet und hinausgeworfen wird. Was aber hat dich dazu gebracht, das Geld den Bettlern vor die Füße zu werfen? -- Dein Herz! Weder Augen, Arme oder Beine, nein, dein Herz war es. Wie sagt man, du hast es dir zu sehr zu Herzen genommen. Oder wenn du allen Mut und Kraft in dir zusammen genommen hast, plötzlich können ein paar zitternde Schläge deines Herzens alles wieder zunichte machen.

Peter: Aber wie sollte es anders sein. Ich kann meinem Herzen nicht befehlen, ich kann nur nach meinem Herzen handeln. Selbst wenn ich es anhalten wollte, es pocht doch weiter.

Michel: Du freilich kannst nichts gegen dein Herz tun, aber gib mir das pochende Ding und du wirst sehen, wie gut du es dann hast.

Peter: (erschrocken)) Ich ... mein Herz ... hergeben ..., aber, aber dann muß ich doch sterben, auf der Stelle.

Michel: Ja, wenn einer eurer Diplom-Chirugen dir dein Herz aus dem Leibe operieren wollte, dann müßtest du sterben. Bei mir ist das etwas anderes, schließlich sind wir nicht in der Schwarzwaldklinik. Schau dir meine Sammlung an! (zeigt und erklärt) Hier das Herz vom Ezechiel, vom Tanzbodenkönig. Dort, die Herzen unserer Politiker. Diese hier gehören Eltern, welche ihre Kinder haben wegmachen lassen. Schau, alle diese Menschen haben des Lebens Ängste und Sorgen weggeworfen. Seit sie ihre Herzen los sind, führen alle ein Leben in Reichtum und Wohlstand. Und alle halten sich für glücklich.

Peter: Aber was tragen sie jetzt dafür in der Brust?

Michel: (holt einen Stein hervor) Hier.

Peter: (nimmt den Stein) Ein Stein?! -- Aber das muß doch kalt sein in der Brust?

Michel: Sagen wir angenehm kühl. Warum sollte es auch warm sein? Im Winter heißt ein guter Kirschgeist mehr durch. Und im Sommer, wenn es ohnehin schwül und heiß ist? Du glaubst nicht, wie so ein Herz dann abkühlt. -- Aber was wichtiger ist, weder Angst noch Schrecken, weder törichtes Mitleid noch ein anderer Jammer rührt an solch einem Herzen.

Peter: Ist das alles, was ihr mir geben könnt! Ich hoffte auf Geld, und ihr wollt mir einen Stein geben!

Michel: Nun, ich denke, hunderttausend Taler müßten für den Anfang genug sein. Und wenn du es geschickt anstellst, kannst du bald Millionär sein.

Peter: Hunderttausend?! Wenn es so ist, soll der Handel gelten.

Michel: (Schlägt ein) So komm denn! (beide ab)


5. Bild (vor dem Haus des Peter)


Erzähler: Am anderen Morgen fand sich Peter in einer Kutsche wieder. Sein Weg führte ihn durch die weite Welt. Alle Sehenswürdigkeiten lernte er kennen, auch an den sieben Weltwundern weilte er. Aber nichts freute ihn, kein Bild, kein Haus, keine Musik, kein Tanz. Sein Herz von Stein nahm an nichts Anteil. Seine Augen und Ohren waren abgestumpft gegen alles schöne. Selbst wenn andere lachten verzog er nur aus Höflichkeit den Mund. Seine einzige Freude waren essen,trinken und schlafen. So zog er zwei Jahre in der Welt umher. Doch nicht Heimweh oder Sehnsucht zogen ihn in die Heimat zurück, sondern Überdruß und Langeweile. Als erstes besuchte er den Holländer-Michel. Von diesem erhielt er den Rat, ein Geschäft zubetreiben und zu heiraten. Dies wäre ein gutes Mittel gegen Überdruß und Langeweile. Peters Geschäft bestand im Handel mit Geld und Korn. Korn verkaufte er an die Armen zum dreifachen Preis und Geld lieh er nur gegen hohe Zinsen aus. Wer seine Schulden nicht pünktlich zahlen konnte, den ließ er pfänden. Bettler und arme Leute, welche um Almosen baten, ließ er durch zwei Kampfhunde verjagen. Selbst um seine Mutter kümmerte er sich nicht, so das sie in großer Armut lebte. Wenn nicht Lisbeth, die er geheiratet hatte, seine Mutter immer wieder versorgt hätte, wäre sie bestimmt verhungert. Lisbeth hatte ein gutes Herz und gab den Armen und Hilfebedürftigen reichlich, sehr zum Unwillen von Peter.

Peter: (jagt Lisbeth vor sich her) Du verschenkst mein Geld an Bettler! Warum verschleuderst du mein Vermögen an Lumpen und Gesindel? Was hast du mitgebracht in die Ehe? Mit deines Vaters Bettelstab kann man keine Suppe kochen und du verteilst mein Geld wie eine Fürstin! Nocheinmal sowas und du sollst meine Hand spüren. -- Schweig! Ich geh ins Wirtshaus. Du hast genug Arbeit um darüber nachzudenken! (Peter ab, Lisbeth setzt sich auf eine Bank und weint, der Schatzhauser kommt als Bettler verkleidet)

Schatzhauser: Ach gute Frau, habt die Barmherzigkeit und gebt mir ein Glas Wasser. Ich kann kaum noch weiter, so Elend ist mir.

Lisbeth: Ihr solltet nicht mehr so schwer tragen in eurem Alter.

Schatzhauser: Ja, wenn ich es nicht der Armut wegen machen müßte und um mein Leben zu fristen. Aber eine reiche Frau wie ihr weiß nicht, wie weh Armut tut und wie wohl ein frischer Trunk bei dieser Hitze.

Lisbeth: Wartet einen Moment, ich hole euch etwas zu essen und zu trinken. (geht und holt, er setzt sich) So, hier habt ihr eine Scheibe Brot und einen schluck Wein. Das mag euch besser tun als Wasser, aber trinkt nicht so hastig.

Schatzhauser: Ich bin alt geworden, aber ich habe wenige Menschen gesehen, die so mitleidig gewesen sind wie ihr und ihre Gabe so schön und herzlich zu spenden wußten. Es soll euch dafür auch recht wohl gehen auf Erden. Solch ein Herz bleibt nicht unbelohnt.

Peter: (kommt hinzu) Nein, und ihren Lohn soll sie auf der Stelle erhalten. Sogar meinen Lieblingswein gießt du noch an Bettler aus und meinen Goldbecher nimmst du auch noch dafür! Da, nimm deinen Lohn! (schlägt auf Lisbeth ein, welche Tod zu Boden sinkt, Peter bückt sich zu ihr)

Schatzhauser: Gib dir keine Mühe, Kohlen-Peter, es war die schönste und lieblichste Blume im Schwarzwald, aber du hast sie zertreten. Nie mehr wird sie blühen.

Peter: Also ihr seid es, Herr Schatzhauser. Nun, was geschehen ist, ist geschehen. Und es hat wohl so kommen müssen. Ich hoffe aber, ihr werdet mich nicht als Mörder anzeigen wollen.

Schatzhauser: Was soll es mir von Nutzen sein, seine sterbliche Hülle an den Galgen zu bringen. Nicht irdische Gerichte sind es, die du zu fürchten hast, sondern andere und strengere. Denn du hast deine Seele dem Bösen verkauft.

Peter: Und hab ich mein Herz verkauft, so ist niemand anderes als du Schuld daran. Du und deine trügerischen Schätze. Du hast mich ins Verderben geführt, hast mich getrieben, bei einem anderen Hilfe zu suchen. Du hast die Verantwortung für alles!

Schatzhauser: Erdenwurm, so soll ich nun Schuld sein für deinen Dummheit. Ich könnte dich zerschmettern, denn du hast gegen den Herrn gefrevelt, aber um dieses toten Weibes willen, gebe ich dir acht Tage Frist. Bekehrst du dich nicht zum Guten so komme ich und zermalme deinen Knochen. Das du dahin fährst in deinen Sünden. Die Teufel heizen wohl schon die Hölle für dich an. (ab, nimmt Lisbeth mit)

(Peter wendet dem Publikum demonstrativ den Rücken zu, Stimmen kommen, unter denen er langsam zusammenbricht, Stimmen erst leise, dann immer lauter anschwellend, am Ende dröhnend)

Stimmen: Wo ist deine Frau - die Herzen werden gewogen - dein Herz ist zu schwer - schaff dir ein wärmeres Herz - Mörder - kehr um Peter - du bist verloren - wo ist deine Frau - ... (usw.)

Peter: (bricht zusammen, befreiender Schrei) Nein! ---
Schatzhauser im grünen Tannenwald,
bist viele hundert Jahr' schon alt,
dein Land ist dort wo Tannen stehen,
läßt dich nur vor Sonntagskindern sehen.

Schatzhauser: (kommt) Was willst du von mir?

Peter: Ich habe doch noch einen Wunsch frei, Herr Schatzhauser!

Schatzhauser: Können Steinherzen noch wünschen? Du hast alles, was du für deinen schlechten Lebenswandel brauchst. Ich werde deinen Wunsch schwerlich erfüllen.

Peter: Aber ihr hattet mir drei zugesagt, einen habe ich also noch.

Schatzhauser: Doch ich kann ihn verweigern, wenn er töricht ist. Doch sage ihn.

Peter: Nehmt mir den toten Stein heraus und gebt mir mein Herz.

Schatzhauser: Hab ich den Handel mit dir gemacht? Bin ich der Holländer-Michel, der Reichtum und kalte Herzen verschenkt? Dort hole dein Herz!

Peter: Aber er gibt es nicht mehr her.

Schatzhauser: Du dauerst mich, so schlecht du auch bist. Da dein Wunsch jedoch nicht töricht ist, kann ich dir meine Hilfe nicht abschlagen. Höre zu: Mit Gewalt bekommst du dein Herz nicht wieder, wohl aber mit List. Der Holländer-Michel ist nicht der kluge Michel, für den er sich hält. Nimm dieses Kreuz, so kann er dir am Leben nicht schaden und muß dich freilassen, wenn du es ihm vorhälst. Ich will dich noch ein Stück begleiten und dir erklären, was du tun mußt. (beide ab)


6. Bild (im Wald)

Peter: Michel! -- Holländer-Michel!

Michel: Ah, Peter, hast dein Weib erschlagen? Hätte ich auch so gemacht. Sie hat dein Vermögen an die Bettler verschleudert. Aber du wirst außer Landes gehen müssen. Es wird viel Lärm geben, wenn man sie nicht findet. Du wirst Geld brauchen und kommst, um dir welches zu holen.

Peter: Hast es erraten. Aber recht viel bitte, Amerika ist weit. (Michel zieht Geldbeutel heraus) Du bist mir schon einer, Michel. Hast mich ganz schön veräppelt als du sagtest, ich hätte einen Stein in der Brust und du mein Herz.

Michel: Ist es etwa nicht so? Fühlst du denn dein Herz? Ist es nicht kalt wie Eis? Hast du noch Furcht oder Gram? Kennst du noch Reue?

Peter: Du hast mein Herz nur stillstehen lassen und ich habe es noch wie früher in der Brust. Du bist nicht der Mann dazu, der einem das Herz unbemerkt und ohne Gefahr aus der Brust reißt. Da müßtest du ja Zaubern können.

Michel: Ich versichere dir, du, Ezechiel und alle reichen Leute, die es mit mir halten, haben solche kalten Herzen wie du und ihre rechten Herzen sind bei mir.

Peter: Das mache mal einem anderen weis. Auf meinen Reisen habe ich solche Kunststücke zu Dutzenden gesehen. Die Herzen in deiner Kammer sind aus Wachs. Du bist zwar ein reicher Kerl, aber Zaubern kannst du nicht.

Michel: Komm mit und überzeuge dich selbst. (Beide nach hinten ab, man hört nur ihre Stimmen) Das hier ist dein Herz, siehst du es zucken? Kann man das auch aus Wachs machen?

Peter: Und doch ist es aus Wachs. So schlägt ein rechtes Herz nicht. Nein, nein. Mein richtiges Herz habe ich noch. Du kannst nicht zaubern.

Michel: Ich will es dir beweisen. Komm her, du sollst es selbst fühlen, daß das hier dein rechtes Herz ist. - Na, wie ist es jetzt?

Peter: Wahrhaftig! Du hast doch recht gehabt. Ich hätte nie geglaubt, das man dergleichen tun kann.(kommt rückwärts wieder, gefolgt von Michel)

Michel: Nicht wahr? Und zaubern kann ich, das siehst du nun. Doch nun komm, ich will dir den Stein wieder einsetzen.

Peter: Langsam, immer schön langsam. (weicht zurück) Mit Speck fängt man Mäuse, und diesmal bist du der Betrogene. (hält ihm das Kreuz hin)

Michel: (stöhnt auf) Nimm das weg, weg damit!

Peter: Gelobt sei Gott der Herr! Gelobt sei Gott der Herr! (geht auf Michel zu)

Michel: Hör auf! Nimm das weg! Weg! Geh weg! (flieht, Peter sackt zusammen und weint)

Schatzhauser: (kommt) Warum weinst du, Kohlen-Peter. Hast du dein Herz nicht und trägst noch den Stein in der Brust?

Peter: Als ich das kalte Herz noch trug, weinte ich nie. Trauer und Mitleid waren mir fremd. Doch jetzt will mir daß alte Herz fast zerbrechen unter der Schuld, welch ich auf mich geladen habe. Meine Schuldner habe ich ins Elend gestürzt und auf arme und kranke die Hunde gehetzt. Und meine Frau, - na ihr wißt ja selbst.

Schatzhauser: Peter, du warst ein großer Sünder. Der Reichtum an Geld und der Müßiggang haben dich verdorben, bis dein Herz zu Stein wurde. Nicht Freud noch Leid, weder Reue noch Mitleid kannte. Aber Reue versöhnt, -- und wenn ich nur wüßte, das dir dein altes Leben recht leid tut, so könnt ich schon noch etwas für dich tun.

Peter: Ich will nichts mehr. Mit mir ist es aus. Ich kann mich mein Leben lang nicht mehr freuen. Was soll ich auch allein auf der Welt. Meine Mutter verzeiht mir nie, was ich ihr angetan habe. Vielleicht habe ich sie auch schon unter die Erde gebracht, ich Ungeheuer. Und Lisbeth, meine Frau ... Schlagt mich lieber auch tot, Herr Schatzhauser, dann hat mein elendes Leben mit einmal ein Ende.

Schatzhauser: Gut, wenn du nichts anderes willst, so kannst du es haben. Meine Axt habe ich bei der Hand, warte einen Moment. (geht und kommt mit Mutter und Lisbeth wieder) Schau dich noch einmal um, Peter!

Peter: Mutter! Lisbeth! Wo kommt ihr denn her? Und Lisbeth, du lebst!

Schatzhauser: Sie wollen dir verzeihen.

Mutter: Ja Peter, der Reichtum anderer hatte dich verblendet. Aber nun hast du gemerkt, das Reichtum und Wohlstand allein nicht glücklich machen. Im Gegenteil.

Peter: Es ist doch besser, mit wenigem zufrieden zu sein, als Gold und Güter zu haben und ein kaltes Herz.

Erzähler: Peter kehrte mit Lisbeth und seiner Mutter in sein Vaterhaus zurück und betrieb sein altes Handwerk. Er zankte nie mehr mit seiner Frau, ehrte seine Mutter und gab den Armen, wenn sie an seine Tür klopften. So wurde er beliebt und angesehen im ganzen Wald.




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