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Aufstieg und Fall der Ilsebill Fischer


Text: Heidus der Germane


1. Bild

(als Bühnenhintergrund eine alte Kate, ein Fischer sitzt in einem Liegestuhl und döst vor sich hin, ein Tourist kommt hinzu)

Tourist: (schwärmerisch) Diese Berge, das Wasser! Phantastisch! Ein Panorama ist das, wie auf einer Postkarte. (fotografiert) Nur noch ein bisschen schöner. Hier leben ist doch wie endloser Urlaub. (endeckt den Fischer) Man sieht es ja an den Eingeborenen. Sitzen am hellen Tag faul in der Sonne. - Obwohl, vielleicht bin ich ja auch ungerecht und der arme Kerl ist arbeitslos. Das Haus dahinten scheint ja auch nicht mehr ganz in Ordnung zu sein. Armut ist schon nichts schönes. (spricht den Fischer an) Guten Tag, mein Herr!

Fischer: ' Tag!

Tourist: Entschuldigen sie, das ich sie anspreche. Ich hätte da mal eine Frage?

Fischer: Bitte!

Tourist: Sind sie auch Urlauber?

Fischer: Nein.

Tourist: Oder sind sie arbeitslos?

Fischer: Nein.

Tourist: Verstehn sie mich bitte nicht falsch. Doch dann finde ich es ein wenig ungewöhnlich, das sie zu dieser Stunde hier herum sitzen.

Fischer: Ich bin Fischer. Und meinen Fang habe ich bereits eingeholt. Da dürften sie noch geschlafen haben.

Tourist: O natürlich, das ich das nicht erkannt habe. Ich möchte ja nicht aufdringlich erscheinen. Wie läßt es sich denn von der Fischerei leben.

Fischer: Es reicht zum Leben.

Tourist: Sind sie viele Leute auf einem Boot.

Fischer: Ich fahre allein hinaus. Mit meinem Boot.

Tourist: Ach, sie sind selbstständiger Unternehmer? Dann verstehe ich noch weniger, warum sie nicht noch einmal hinausfahren.

Fischer: Wozu?

Tourist: Na, um einen zweiten Fang einzuholen. Wo ich herkomme, muß man als kleiner Unternehmer nach Möglichkeit 24 Stunden am Tag arbeiten. Schließlich will man es ja mal zu etwas bringen.

Fischer: Und zu was bitte?

Frau: (ruft) Fietje! Fietje! (kommt) Ach, ein Gast.

Tourist: Guten Tag! Nein, kein Gast im eigentlichen Sinne. Ich erläutere ihrem Mann nur gerade, welche Möglichkeiten sich einem jungen, dynamischen Unternehmer eröffnen.

Frau: Das ist ja interessant.

Tourist: Nun, wenn ihr Mann ein zweites mal hinaus fährt um zu fischen, können sie diese Fische auf dem Markt verkaufen und das Geld gut anlegen. Nach einer gewissen Zeit, sagen wir zwei Jahre, haben sie soviel gespart, das sie ein zweites Boot kaufen können. Damit können sie nun bereits das Vierfache fangen und verkaufen. Nach weiteren zwei Jahren können sie die nächsten Boote kaufen. Oder ein viel Größeres, womit sie auch den Ozean befahren können. Bald haben sie eine kleine Flotte. Und dann ...

Fischer: Und wozu das alles?

Tourist: Wozu? Wenn sie jetzt so richtig ranklotzen, sind sie eines Tages ganz oben. Wohlstand, Reichtum, Ansehen, dann können sie sich alles leisten. Dann haben sie einen Platz an der Sonne.

Fischer: Den habe ich doch jetzt schon.

Tourist: Das verstehe ich nicht.

Frau: Ich finde ihre Idee gar nicht so schlecht. Etwas mehr Geld könnten wir schon gebrauchen.

Tourist: (schaut auf die Uhr) Jetzt habe ich mich verplaudert. Ich muß dringend meinen Geschäftspartner anrufen. Überlegen sie sich das doch noch mal. Auf wiedersehen. (ab)

Frau: (zum Fischer) Was du heute Nacht gefangen hast reicht ja gerade um nicht zu verhungern. Ein zweiter Fang wäre schon nicht übel.

Fischer: Am Tag fängt man keine Fische.

Frau: Gegen die Anderen sind wir doch arme Leute. Ich wünsche mir manchmal schon etwas Reichtum. Die Reichen müssen sich nicht so plagen, die haben es leichter.

Fischer: Reich ist doch nicht der, der ein fettes Konto auf der Bank hat und auf anderer Leute Kosten lebt. Reich ist doch jeder, der mehr hat, als er gerade braucht.

Frau: Du mit deiner Philosophie. (Fischer steht auf und will gehen) Wo willst du denn jetzt hin?

Fischer: Angeln. (ab)

Frau: Typisch. Mit diesem Mann kann man kein vernünftiges Gespräch führen.

(Frau geht ab, Fischer geht indessen ans "Wasser" , evtl anderes Saalende, und beginnt zu Angeln)

Fischer: ( angelt, ruhige See) Was wären die Reichen ohne die Armen. Woran wollen sie ihren Reichtum messen. Wenn sich alle fast alles leisten können, halten sich alle für arm. Und nur deshalb, weil keiner wesentlich mehr als der andere hat. (Plötzlich beißt ein Fisch an. Er versucht die Angel aus dem Wasser zu ziehen, schimpft).: Was hab ich denn da an der Angel?... Das ist doch nicht möglich... Das kann doch nicht... Das wird doch nicht so ein riesiger Fisch sein ... Der zerreißt mir noch glatt meine Angel!... Zu Hilfe, der zieht mich ja ins Wasser!...( Fisch kommt an die Oberfläche ) Einen solchen Butt hab ich ja mein Lebtag nicht gesehen!

Butt: Höre, Fischer, ich bitte dich, laß mich leben.
Fischer: Habe ich eben richtig gehört? Ein Fisch der sprechen kann?

Butt: Ja Fischer, deine Ohren haben dich nicht betrogen. Ich bin kein richtiger Butt, ich bin ein verwünschter Märchenprinz. Was hilft es dir, wenn du mich tötest. Ich würde dir doch nicht recht schmecken. Setz mich wieder ins Wasser und laß mich schwimmen.

Fischer: Ich begreife das zwar nicht ganz, aber einen Butt, der sprechen kann, werde ich doch wohl schwimmen lassen.

Butt: Vielen Dank lieber Fischer! Da du mir mein Leben schenkst, darfst du dir auch etwas wünschen. Ich werde dir alles erfüllen.

Fischer: Ach, was soll ich mir wünschen. Was ich zum Leben brauche habe ich, Gesund bin ich, Arbeit habe ich, und zu Hause eine Frau, die ich liebe. Nur Kinder fehlen noch, aber das schaff ich bestimmt auch ohne Dich. Kurzum, eigentlich bin ich wunschlos glücklich.

Butt: Das findet man selten auf der Welt. Aber wenn dir oder Deiner Frau ein Wunsch einfällt, dann rufe mich einfach. (Butt ab)

Fischer: Was es nicht alles gibt (schüttelt den Kopf, packt sein Angelzeug zusammen). Das muß ich meiner Angetrauten erzählen. Die wird ja Augen machen. (Geht, in den Bart brummelnd zur Bühne)

Frau: (Steht vor der Kate, schaut nach ihrem Mann aus) : Wo mag bloß mein Mann wieder stecken? (Kehrt vor dem Haus). Sitzt bestimmt wieder in der Kneipe und ich darf hier schuften. Der alte Besen tut seine Dienst auch nicht mehr lange! Und kein Geld für einen Neuen.(Seufzt, Fischer kommt) Kommt mein Herr Gemahl auch schon nach Hause? Hast du wenigstens etwas gefangen oder nur Regenwürmer gewaschen.

Fischer: Ein wahres Prachtexemplar von Butt hatte ich an der Angel. (zeigt mit den Armen die Größe) So ein Ding war das..

Frau: Und wo ist dein Prachtexemplar.

Fischer: Ich habe ihn wieder schwimmen gelassen.

Frau: Aha, Anglerlatein.

Fischer: Nein. Der Butt konnte sogar sprechen, er sagte, er wäre ein verwünschener Prinz.

Frau: Sprechen konnte er, und ein Prinz sei er auch. Was du nicht sagst. Hauch mich mal an.

Fischer: Ich sollte mir sogar etwas wünschen. Er würde jeden Wunsch erfüllen.

Frau: Erzähl du mir jetzt nicht auch noch Märchen. Mir reichen die, die in der Zeitung stehen.

Fischer: Wenn ich es dir doch sage. Das ist kein Märchen.

Frau: Und das Märchen kommt mir noch dazu bekannt vor. Der Fischer und seine Frau. Manntje, Manntje Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, meine Frau, die Ilsebill, will nicht so wie ich wohl will. Und außerdem, warum hast du dir denn da nichts gewünscht. Dann hättest du jetzt etwas als Beweis.

Fischer: Was sollt ich mir denn wünschen?

Frau: Das fragst du noch. Wie lange rede ich schon von einem kleinen Haus. Schau dich doch nur hier einmal um. Immer in dieser alten Kate wohnen, die stinkt und ist eklig, Du hättest uns doch eine kleine Hütte wünschen können. Geh hin und rufe den Butt und sage ihm, wir wollen ein kleines Haus haben.

Fischer: Ich weiß nicht recht.

Frau: Wenn du mich noch liebst, gehst du jetzt den Butt um eine neue Hütte bitten. (ab)

Fischer: Wenn ich nur wüßte, wie das Märchen ausgegangen ist. Ich hoffe gut. Märchen gehen eigentlich immer gut aus. - Manchmal bin ich schon geplagt mit dieser Frau. Sie gibt ja doch keinen Frieden - Ich muß wohl noch einmal losgehen. Was wird der Butt von mir denken? (geht zur Angelstelle) Soll ich es wagen? Ich probier es halt mal:
Manntje, Manntje Timpe Te
Buttje, Buttje in der See
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so sie wie ich wohl will.

Butt: (taucht auf) Na, was will sie denn?

Fischer: Meine Frau glaubt mir nicht. Sie sagt, ich hätte mir etwas wünschen sollen. Als Beweis. - Sie mag nicht mehr in dem alten Pott wohnen. Sie wollte gern eine neue Hütte.

Butt: Geh nur Heim, sie hat sie schon! (ab)


2. Bild

(Bühnenhintergrund ist ein kleines Häuschen, klein aber fein, eine Freundin kommt zu Besuch)

Freundin: Liebste Ilsebill, wie lange haben wir uns denn nicht mehr gesehen.

Frau: Mindestens vier Wochen, schön das du endlich einmal vorbei schaust. Stell dir einmal vor, was hier inzwischen alles geschehen ist.

Freundin: Ich sehe schon, ich sehe schon, alles hat sich ein wenig verändert. (zeigt auf das Haus) Ist das neu?

Frau: Ja, wir haben ein neues Haus. Klein, aber mein. Endlich heraus aus der alten Kate.

Freundin: Staat konnte man damit ja wirklich nicht mehr machen. Drüben, die Großens, weißt du, was die immer gesagt haben?

Frau: Nein, erzähle mal.

Freundin: Man muß sich ja schämen, solche Leute, damit meinte sie euch, man muß sich ja schämen, solche Leute als Nachbarn zu haben. Wie das bei denen Aussieht!

Frau: Nein, was du nicht sagst, zu uns waren die immer Scheiß freundlich. Aber ausstehen konnte ich die noch nie. Aber was soll's, neues Haus, neues Glück. Und glücklich bin ich jetzt.

Freundin: Ilse, wo habt ihr denn dieses "Häusle" her. Und warum habt ihr denn nicht gleich etwas größer gebaut.

Frau: Ach das mit dem Haus ist eine ganz merkwürdige Geschichte. Die kann ich dir gar nicht erzählen, du würdest es mir ja doch nicht glauben.

Freundin: Habt ihr das etwa im Lotto gewonnen?

Frau: Das nicht gerade.

Freundin: Ah, erster Preis im Preisausschreiben. "Wer gewinnt zieht um".

Frau: Gewissermaßen. Nur das wir nicht umziehen mußten.

Freundin: So ist das immer mit den Hauptgewinnen. Erst wird einem eine riesige Villa versprochen, und dann bekommt man so eine mickrige Hütte. Aber wie heißt es so schön; einem geschenktem Gaul guckt man nicht ins Maul.

Frau: Da hast du recht.

Freundin: Warst du schon mal draußen im Baugebiet? Dort werden Häuser gebaut! Häuser sag ich dir, da fällt dir der Schmalz von der Stulle wenn du die siehst. Die können sich halt wirklich nur die oberen Zehntausend leisten. 700.000 mußt du da schon mindestens hinlegen. Wenns reicht!

Frau: Gehört habe ich schon davon. Wer baut denn dort?

Freundin: Alles bessere Leute, Doktoren, Professoren, Manager, und wer es sich halt sonst noch leisten kann. Das wird einmal eine richtige Nobelgegend.

Frau: Wenn ich dir so zuhöre, werde ich richtig neidisch.

Freundin: Das ist die neue Gerechtigkeit, nur die Leistung zählt. Alles eine Frage des Geldes.

Frau: Ja, ja, wer hat der hat. Der eine baut sich eine Villa und der andere guckt Zeit seines Lebens in den Mond. Eigentlich ist das alles etwas ungerecht auf der Welt.

Freundin: Jetzt muß ich aber wieder los, tschüßi meine Liebste.

Frau: Bis bald.

Freundin: Ach, bevor ich es vergesse. Wir bauen auch dort. Tschüß.

Frau: Da schläg es Dreizehn! Die ziehen in die Nobelgegend! Und wir, wir sollen in dieser Enge hausen? Wir sind halt nur arme Leute, der letzte Husten. Wo mag bloß mein Mann schon wieder stecken. Der muß sofort zum Butt gehen. Alles ist eng, in manchen Zimmern kann man sich kaum drehen. Dumm waren wir, wir hätten uns ein größeres Haus wünschen sollen.

Fischer: (kommt hinzu) Du siehst ja aus, als hätte der Blitz eingeschlagen.

Frau: Du gehst sofort zum Butt!

Fischer: Von dem komme ich doch gerade.

Frau: Dann gehst du halt sofort noch einmal hin. Ich will ein größeres Haus.

Fischer: Du hast doch gerade ein neues Haus bekommen. Ich habe es mir noch nicht einmal angesehen.

Frau: Ist auch nicht nötig. Ich will ein Haus, das mindestens 1 Million Wert ist. Es soll das größte und schönste im Umkreis von tausend Kilometern sein.

Fischer: Meinst du nicht, daß das ein bißchen viel ist.

Frau: Mindestens eine Million Wert. Drei Schlafzimmer, zwei Bäder, Eingangsportal aus echtem Marmor ...

Fischer: Ja soll der Butt den erst eine Bank überfallen.

Frau: Von mir aus kann er auch eine Bank gründen, das bringt mehr ein als eine zu überfallen. Geh jetzt sofort zum Butt! Ich will meine Villa!

(beide ab, Frau nach hinten, Fischer zum Butt)

Fischer: Wo soll das nur hinführen mit meiner Frau. Ich getrau mich gar nicht recht, diesen Wunsch auszusprechen. Wie sieht denn das Wasser jetzt aus, richtig gelb und grün ist es geworden.
Manntje, Manntje Timpe Te
Buttje, Buttje in der See
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so sie wie ich wohl will.

Butt: Na, was will sie denn?

Fischer: Ach, ich wage es kaum auszusprechen. Sie will eine Villa, mit allem Luxus, den man sich nur denken kann, mindestens eine Million soll sie Wert sein.

Butt: Geh nur Heim, sie hat sie schon!


3. Bild

(Bühnenhintergrund eine Villa)

Frau: (kommt) Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein. Eine feine Sache so ein Wunschbutt. - Nie hätte ich geglaubt, das uns sowas passieren könnte. Soviel Glück ist kaum zu fassen. Das ist ein Palast. Jetzt sollen die mal kommen mit ihren mickrigen Hütten. Vor Neid erblassen sollen die. Man muß halt die richtigen Beziehungen haben, wenn man es zu etwas bringen will. Das war so, ist so und wird immer so bleiben.

Postbote: Guten Tag, ein Einschreiben.

Frau: (schaut auf den Umschlag) Vom Finanzamt! Was will denn das Finanzamt von mir?

Postbote: Na ihr Bestes. Die wollen immer nur ihr Bestes.

Frau: Was? Äh, wie bitte?

Postbote: Ihr Geld.

Frau: Mein Geld? Wie kommen die denn dazu von mir Geld zu verlangen? (reißt den Brief auf und überfliegt ihn) Was soll ich bezahlen? Einkommenssteuer, Umzugssteuer, Vermögenssteuer, Wassersteuern ... - Was denn noch alles?

Postbote: Was regen sie sich denn so auf, alle müssen Steuern bezahlen.

Frau: Und wenn alle zahlen, ich nicht. Wofür soll ich denn auch zahlen. Schließlich sind wir doch nur kleine Leute. Was meinen sie, wie lange wir gebraucht haben, bis wir das alles hatten. Oder glauben Sie, wir hätten das geschenkt bekommen?

Postbote: Bewahre. Nicht doch. Suchen Sie doch einen guten Steuerberater auf. Normalerweise zahlen Leute, die in solchen Häusern wohnen, keine Steuern.

Frau: Und wieso nicht?

Postbote: Nun ganz Einfach. Wer viel verdient kann auch viel absetzen. Bei einer Million Einkommen wären rund die Hälfte an Steuern fällig. Wer sich auskennt zahlt jedoch höchstens 1.000 Mark oder weniger.

Frau: Das ist doch dann aber Betrug.

Postbote: Nein, Recht und Gesetz. Wenn ich nun um die Unterschrift bitten dürfte?

Frau: Hier! (unterschreibt)

Postbote: Danke schön, Auf Wiedersehen (ab)

Frau: Und der kleine Mann soll zahlen, dem greift man in die Taschen. Unverschämt sowas. Was haben die uns denn zu unserem sauer verdienten Wohlstand dazugegeben. Nichts! Aber kassieren wollen. Wie haben wir schuften müssen, eh wir das alles hatten. Aber nicht mit mir. Die da oben sollen mich kennenlernen. Mein Mann muß sofort zum Butt. Zeit für einen Regierungswechsel. Das, was die können, kann ich schon lange. (ab)

Fischer: (kommt zurück) Jetzt wird meine Frau wohl endlich zufrieden sein. Und ich habe endlich meine Ruhe. (setzt sich wieder in den Liegestuhl) Aber hoffentlich ist sie auch zufrieden. Noch mehr kann sie nicht verlangen. Solch eine Villa hatten die nicht einmal in Wandlitz. Selbst der alte Fritz kann da mit seinem Sans Souci nicht mithalten. Doch wie heißt es im Sprichwort: "Kaum ist der größte Wunsch erfüllet, schon gebiert er neue." Was ist, wenn ihr der Reichtum nicht mehr genügt, wenn sie über andere herrschen will? Kommandieren tut sie ja gern. Zum Glück leben wir in einer Demokratie. Wer da an die Macht will, muß erst einmal gewählt werden. Und wer wählt schon meine Frau. -- Obwohl, wenn ich unsere Politiker so sehe, die will eigentlich ja auch keiner und trotzdem werden sie immer wieder gewählt. Nun ja, jedes Volk hat die Regierung, die es verdient. - Nur manchmal weiß ich nicht, womit wir unsere verdient haben. So schlecht sind wir ja eigentlich gar nicht. Im Ausland werden wir von vielen für fleißig, für arbeitsam gehalten. Zugegeben, viele haben es gar nicht mehr nötig zu arbeiten und noch mehr dürfen es nicht mehr. Wie sagen die Philosophen: Arbeit ist die Triebkraft der menschlichen Entwicklung. -- Was geschieht eigentlich, wenn nicht mehr gearbeitet wird? Wird der Mensch dann wieder zum Affen? Rückentwicklung? Unzufrieden werden jedenfalls fast alle, manche werden pervers und andere kriminell. Unzufrieden, heißt das nicht ohne Frieden? Wo der fehlt, ist kein gutes Leben. Da hat man einfach keine Ruhe.

Frau: (ruft) Fietje! Fietje! (kommt wieder) Ich suche dich überall. Du mußt sofort zum Butt gehen.

Fischer: Nein

Frau: Doch du gehst.

Fischer: Willst du etwa ein noch größeres Haus?

Frau: Ich will nach oben! Ganz nach oben! Ich will Präsident werden!

Fischer: Von Hansa oder Bayern?

Frau: Staatspräsident. Nein, halt, besser Kanzler. Der Kanzler macht die Politik.

Fischer: Das glaubst aber auch nur du. Da stehen ganz andere Leute dahinter.

Frau. Das ist mir egal, wer wo steht. Ich will regieren! Du gehst sofort zum Butt oder wir sind geschiedene Leute.

Fischer: (Steht auf) Ich geh ja schon, ich geh ja schon, sonst habe ich ja doch keine Ruhe.

(beide ab, Frau nach hinten, Fischer geht ans "Meer")

Fischer: Wie sieht denn das Wasser jetzt aus, es ist richtig dunkel geworden, direkt finster.
Manntje, Manntje Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so wie ich wohl will.

Butt: Na, was will sie denn?

Fischer: Entschuldige, das ich schon wieder störe. Doch meine Frau hat es sich in den Kopf gesetzt, Kanzler zu werden.

Butt: Geh nur Heim, sie ist es schon.



4. Bild


Frau: (kommt mit Ministerschärpe) Selbst ist die Frau. Das soll mir erst einmal jemand nachmachen. In so kurzer Zeit aus der Gosse an die Schalthebel der Macht. Ich liebe die Macht.

Finanzminister:(kommt) Frau Kanzler, wenn ich kurz stören dürfte?

Frau: Na, liebster Milchbrat, wie stehen die Aktien.

Finanzminister: Mit Verlaub gesagt, ausgezeichnet. Wenn wir ein Betrieb wären, wären wir Pleite.

Frau: Aber wir sind kein Betrieb. Wir sind der Staat. Was sagen die Finanzen?.

Finanzminister: Zur Zeit haben wir planmäßig eine Bilanz von 1,311 Billionen erreicht.

Frau: 1,311 Billionen? Eine Eins mit 12 Nullen. Und da sagen sie, wir wären Pleite?

Finanzminister: Kein Guthaben, Schulden! Schulden wohlgemerkt, plus 20 Millionen tägliche Zuwachsrate. Nur durch Zinszahlungen: Unser Bilderberger Geldadel ist sehr zufrieden mit uns.

Frau: Das freut mich.

Finanzminister: Auch unsere jüngste Aktion, "Sparen durch Teilen" hat ein hervorragendes Echo gefunden. Es war ja auch eine königliche Idee. Einfach genial! Da muß man halt erst einmal darauf kommen: 3 Lehrlinge teilen sich ein Lehrgeld, 3 Arbeiter teilen sich 2 Löhne, 2 Minister teilen sich 3 Gehälter. Alle teilen und wir sparen.

Frau: Wie sagte schon Cäsar: Teile und Herrsche.

Finanzminister: Von den alten Diktatoren kann man noch viel lernen. Dennoch sollten wir über weitere Maßnahmen nachdenken. Unsere Freunde vom Interessenverband der Millionäre besitzen nach wie vor erst 80 Prozent des gesamten Geldes. Eine Erhöhung auf 90 Prozent wäre wünschenswert. Auch zu unserer eigenen Absicherung.

Frau: Zu unserer Absicherung? Ich denke, unsere Rente ist sicher?

Finanzminister: Unsere ja. - (überreicht ein Schreiben) Hier sind die neuen Maßgaben des Bilderberger Geldadels. Wir sollten sie schnellstens umsetzen.

Frau: (liest und wirft das Schreiben weg) Ich will auch einmal etwas allein bestimmen.

Finanzminister: Davon rate ich ab. Unsere Macht beruht darauf, das wir denen dienen, welche dem Mammon dienen.

Frau: Aber ich bin doch Kanzler.

Finanzminister: Wir sind alle nur Diener.

Frau: Ich sitz doch nicht hier, um mir Vorschriften machen zu lassen. Ich bin nicht gewillt irgend welchen geheimen Konferenzen zu gehorchen. Ich will mehr zu sagen haben.

Finanzminister: Dann müßten sie Gott sein. Aber den haben wir abgeschafft. Ich empfehle mich (ab)

Frau: Gott? Gott! Ja! - Wo ist mein Mann? (ruft) Fietje! Fietje! (Fischer kommt) Du wirst sofort zum Butt gehen.

Fischer: Schon wieder? Reich bist du, Macht hast du. Was willst du denn jetzt?

Frau: Ich will endlich richtige Macht. Ich will Allmächtig sein!

Fischer: Allmächtig ist nur einer.

Frau: Ich will machen können Arme und Reiche. Ich will bestimmen, über wem die Sonne scheint und wer im Regen steht.

Fischer: Das kann nur Gott.

Frau: Ich will sein wie Gott. Geh sofort zum Butt und ...

Fischer: Das kann der Butt nicht. Wohlstand, Reichtum, Karriere, ok, das mag alles drin sein. Aber nicht was du verlangst.

Frau: Wirst du sofort zum Butt gehen! Ich befehle es dir! Oder ich laß dich lebenslänglich bei Wasser und Brot einsperren.

Fischer: Gut, ich gehe. Aber auf deine Verantwortung. (ab)

Frau: Das laß meine Sorge sein. (ab)

Fischer: (geht ans "Meer") Ein häßlicher Sturm ist das geworden. Und das Wasser erst. Schwarz wie die Nacht. Man kann ja sein eigenes Wort kaum verstehen.
Manntje, Manntje Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so wie ich wohl will.

Butt: Na, was will sie denn?

Fischer: Ach Butt, sie will wie, - wie ....

Butt: Was will sie denn?

Fischer: Es will mir gar nicht über die Lippen. --- Wie Gott will sie werden.

Butt: Geh nur Heim, sie sitz schon wieder in iher alten Kate.


Letztes Bild

(die alte Kate vom ersten Bild, die Frau kehrt vorm Haus, der Fischer kommt, setzt sich in den Liegestuhl, nach einer Weile beide ab)


E N D E